Anfang des Jahres 1918 konnte man in
den Gazetten vom Tode des Großherzoges Adolf Friedrich VI. lesen.
Dort war die Rede von Mord. Schnell machten Gerüchte die Runde, die
bis heute kolportiert werden. Es war die Rede von ''Affären'',
Homosexualität und gar Spionage. Mord oder Selbstmord – Was war
geschehen in Neustrelitz im Februar 1918?
Man stelle sich vor, das beschauliche
Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz, mit etwa 100.000 Bewohnern, wo
die Zeit stehengeblieben schien, in welches sogar der ''Eiserne
Kanzler'' höchstselbst sich im Falle des Weltunterganges
zurückziehen wollte, da es dort mindestens 50 Jahre dauern würde,
bis man von diesem Ereignis Notiz nimmt. Doch im Jahre 1918 warfen
die Ereignisse dunkle Schatten voraus und das kleine Großherzogtum
wurde durch einen Skandal erschüttert, wie ihn ganz Deutschland nie
gesehen hatte. Der regierende Großherzog Adolf Friedrich VI. von
Mecklenburg soll ermordet worden sein oder gar Selbstmord begangen
haben. Sofort kursierten Gerüchte, angefangen von gefährlichen
Liebschaften und Homosexualität – immerhin war
Allerdurchlauchtigster mit Mitte 30 immernoch Junggeselle und dazu
noch einer der reichsten in ganz Deutschland – bis hin zu
Spionagevorwürfen, befand man sich doch im Krieg mit Großbritannien
und dorthin hatte man ja enge verwandtschaftliche Beziehungen. Sollte
etwa am Ende ein Russe Großherzog werden? Aber die politischen
Ereignisse sorgten für ein jähes Ende dieser Diskussion.
Residenzschloß Neustrelitz um 1900
Mecklenburg-Strelitz
Seit dem Hamburger Vergleich von 1701,
infolge eines Erbfolgestreits, war das Herzogtum Mecklenburg einmal
wieder aufgeteilt auf 2 regierende Herzöge – einer in Schwerin und
einer in Strelitz. Infolge dieses Vergleichs wurde zwar, reichlich
verspätet, endlich das Prinzip der Primogenitur, das Erbrecht des
Erstgeborenen, auch in der mecklenburgischen Dynastie verbindlich,
allerdings wurde ebenso der Einfluß des Fürstenhauses im feudalen
Ständestaat geschwächt.
Die mecklenburger Herzöge, voran die
in Mecklenburg-Strelitz, waren mit die ersten, die sich gegen
Napoleon stellten. Infolgedessen wurden beide regierenden Herzöge,
auf dem Wiener Kongress 1815, zu Großherzögen und somit eigentlich
ein Herzogtum zu zwei eigentlich teilweisen und dennoch ganzen
Großherzogtümern...
Der Großvater von Adolf Friedrich VI.,
Großherzog Friedrich Wilhelm von Mecklenburg, war verheiratet mit
einer Enkelin des britischen Königs Georg III., Augusta Karoline.
Obwohl seine Handlungsspielräume, durch die landständische
Verfassung Mecklenburgs, eingeschränkt waren, schaffte er es, dass
Mecklenburg-Strelitz nahezu schuldenfrei wurde. Seine an Geiz
grenzende Sparsamkeit, auf Kosten des Landes und der Untertanen
freilich, machte ihn zu einem der reichsten deutschen Fürsten.
Aufgrund seiner Ressintements gegen Preußen, ließ er sich bei der
Kaiserproklamation 1871 von seinem einzigen Sohn und Erben vertreten.
Sein Tod im Jahre 1904 machte Adolf Friedrich V. zum Großherzog und
Adolf Friedrich, den späteren VI., zum Erbgroßherzog.
Großherzog Friedrich Wilhelm (II.)
Erbgroßherzog Adolf Friedrich
Geboren am 17. Juni 1882, als Adolf
Friedrich Georg Albert Ernst Eduard, in Neustrelitz, war er drittes
Kind von vier und ältester Sohn (von zwei) des Großherzogs Adolf
Friedrich V. von Mecklenburg und dessen Frau Elisabeth, geborene von
Anhalt.
Großherzog Adolf Friedrich V. Großherzogin Elisabeth (geb. von Anhalt)
Die Taufe wurde zusammen mit dem 60.
Geburtstag seiner Großmutter Augusta Karoline gefeiert. Seine
Taufpaten waren:
- Großherzog Friedrich Wilhelm von Mecklenburg (-Strelitz), sein Großvater
- Herzog Friedrich I von Anhalt, sein Großvater mütterlicherseits
- Eduard von Anhalt, der zukünftige Herzog von Anhalt, sein Onkel
- Herzogin Jekaterina von Mecklenburg (-Strelitz), geborene Romanow, seine Großtante
- Prinzessin Maria Anna von Preußen, geborene Prinzessin von Anhalt, seine Großtante
- Herzogin Angnes von Sachsen-Altenburg, geborene Prinzessin von Anhalt, seine Großtante
- Herzog Ernst I. von Sachsen-Altenburg, sein Großonkel
- Prince George, Duke of Cambridge
- Prince Edward, Duke of Wales, zukünftiger König Edward III. des Vereinigten Königreiches
- Prinz Friedrich von Preußen, zukünftiger Kaiser Friedrich III.
- Großherzog Friedrich Franz II. von Mecklenburg (-Schwerin)
Das Ausmaß dieser Feierlichkeiten kann
man sich ungefähr ausmalen, wenn man sich ein solch potentes Event
in der heutigen Zeit vorstellt.
Nach dem Abitur in Dresden und einem
Studium der Rechtswissenschaften in München, diente er in der
preußischen Armee, genauer im 1. Garde-Ulanen Regiment in Potsdam.
Seinen Militärdienst trat er an als Leutnant, da er schon während
seines Studiums á
la suite Offizier, also sozusagen Offizier auf Abruf, im
Großherzoglich-Mecklenburgischen Grenadier Regiment 89 war. Die
Planstelle des Kommandeurs des 2. Bataillons war für den Großherzog
in Strelitz vorgesehen, während die des Kommandeurs des 1. und 3.
Bataillons für den schweriner Großherzog reserviert war.
Im Mai 1907 machte sich Erbgroßherzog Adolf
Friedrich zu einer mehrmonatigen Reise auf, mit seinem Verwandten und
Jugendfreund Großherzog Friedrich Franz IV. von Mecklenburg
(-Schwerin), die ihn in die deutschen Schutzgebiete nach Afrika
führte.
Nach dieser Reise tat er weiter Dienst
in der preußischen Armee und wurde bis zum Rittmeister befördert.
Nach seinem aktiven Dienst blieb er Offizier á
la suite.
Familiäre
Verquickungen, Klatsch und Tratsch
Der jüngere Bruder von Adolf
Friedrich, Herzog Carl Borwin zu Mecklenburg, verstarb im August des
Jahres 1908. Die Todesumstände waren verworren. Der junge Herzog war
zu dieser Zeit an der Kriegsschule in Metz und in der Nähe soll er
verstorben sein. Offiziell wurde die Todesursache angegeben, als nach
kurzem, schweren, heimtückischen Leiden verstorben. Die New York
Times hingegen äußerte noch 1918, der Tod trat in Folge eines
Autounfalls ein. Die häufigste Vermutung hingegen ist, dass er sich
duellierte mit dem Ehemann seiner Schwester, nachdem dessen
außereheliche Liebschaften bekannt wurden. Auch vermutet wurde ein
Duell mit einem Fähnrich, der sich betrunken dazu hingerissen
gefühlt haben soll, abfällige Bemerkungen über die großherzogliche
Familie zu machen.
Herzog Carl Borwin
Nicht
zuletzt aufgrund seiner Großmutter, einer geborenen Princess of Cambridge, hegte Adolf Friedrich große
Bewunderung für Großbritannien. Er besuchte auch viele königliche
Veranstaltungen, wie die Beerdigung von Königin Victoria, die
Krönung und Beerdigung von Edward VII. und die Krönung von George
V.
Er
reiste gern und oft nach England und war gern gesehen in der Londoner
Society.
Großherzogin Augusta Karoline
(geb. Princess of Cambridge)
Schon
in dieser Zeit war Adolf Friedrich Gegenstand von Spekulationen in
der Klatschpresse. Man machte sich Gedanken, welche der höheren
Töchter dieser Zeit wohl die Braut des späteren Großherzogs werden
könnte – Eine englische Prinzessin, eine russische oder die
Tochter des deutschen Kaisers?
Großherzog
und Kriegsausbruch
Durch den Tod seines Vaters am 11. Juni
1914 wurde Adolf Friedrich Großherzog. Wenig später brach der
Weltkrieg aus.
Mit Ausbruch des Krieges wurde der
Großherzog Oberst im Stab der 17. Division an der Westfront in
Frankreich. Er erhielt das Eiserne Kreuz beider Klassen und wurde
befördert bis zum Generalmajor.
Es wird berichtet, dass dem Großherzog
Adolf Friedrich VI. das alte Residenzschloß in Neustrelitz nicht
sonderlich behagte und er es daher vorzog im sogenannten ''Parkhaus''
zu residieren, einer verspielt kitschigen Jugendstilvilla, die er
sich in den Jahren 1913 – 1915 errichten ließ. Dieses Haus wurde
von seiner Mutter, der Großherzogswitwe Elisabeth, noch bis zu ihrem
Tode 1933 bewohnt, da es im familiären Besitz auch nach der
Revolution 1918 verblieben war.
Parkhaus Neustrelitz
Der Großherzog und die Frauen
Zur Zeit seiner Inthronisation war der
Großherzog Adolf Friedrich VI. im stattlichen Mannesalter von 31
Jahren, also in einem Alter, wo die Frage nach einer Eheschließung
immer drängender wurde, wie auch die Frage nach einem Thronfolger,
da ja auch sein jüngerer Bruder bereits todesbedingt aus der
Erbfolge ausgeschieden war. Nun war die Ehe eines regierenden Fürsten
auch eine politische Frage, denn man musste die dynastischen
Dimensionen bedenken. Außerdem befand man sich mitten im Kriege.
Aber auch alle noch so schweren Erwägungen und Umstände konnten
nicht für ewig herhalten als Ausreden für das Jungesellendasein
einer so stattlichen Partie, wie es der Großherzog nuneinmal gewesen
ist.
Eine enge Vertraute des Großherzogs
war Daisy von Pless, eine gebürtige Engländerin, die einen
schwerreichen schlesischen Fürsten geehelicht hatte. Diese Dame von
Welt war bekannt dafür große Gesellschaften abzuhalten. Zu ihren
Freunden zählten die Mächtigen der damaligen Zeit, angefangen vom
Kaiser, über die Königin von Rumänien, bis hin zu diversen
Industriellen – kurz alles was Rang und Namen hatte ging vor dem
Krieg ein und aus bei der ''High Society Lady''. Sie war auch bekannt
für ihr soziales Engagement. Bei einer solchen Gelegenheit hatte sie
auch öfter Kontakt mit dem Großherzog. Nur war solches
selbstverständlich anrüchig, wenn ein Offizier im Felde und
deutscher Fürst sich mit einer geborenen Engländerin für englische
Kriegsgefangene einsetzt.
Daisy von Pless
Eine mögliche Heiratskandidatin könnte
auf einen Vorschlag von Daisy von Pless zurückzuführen sein, denn
diese Kandidatin war eine Verwandte ihres Ehemanns und passte aus
verschiedenen Gründen vorzüglich zu Großherzog Adolf Friedrich VI.
Es handelte sich um Benigna Reuß zu Köstritz. Zumindest wurden
schoneinmal bestimmte Arrangements in diese Richtung getroffen.
Auch an einer Affäre, die einen
gewissen anrüchigen Chrakter hat, sollte es nicht mangeln. In seiner
Potsdamer Zeit, noch als Erbgroßherzog, sollte Adolf
Friedrich Kontakte mit einer gewissen Lebedame aus Berlin gehabt haben, der in
Ungarn geborenen Margit Höllrigl. Diese behauptete sogar er habe ihr
die Ehe versprochen und dies versuchte sie zu Geld zu machen.
Eine weitere Dame im Leben des
Großherzoges war die seinerzeit äußerst berühmte Opernsängerin Mafalda
Salvatini, die sogar zusammen mit Enrico Caruso aufgetreten ist.
Relativ unzweifelhaft ist, dass sich beide getroffen haben.
Allerdings gab es auch Gerüchte er sei der Vater ihrer zwei Söhne,
welchen Umstand ein Hamburger Kaufmann vom Schwager des Großherzogs
gehört haben will.
Mafalda Salvatini
Das war es, was man an ''Affären''
aufzubieten hatte, eine gute Freundin, eine zweifelhafte Dame und
eine Opernsängerin, die verheiratet war und sich zweifelsohne nicht
nur beim Großherzog Adolf Friedrich VI. einer gewissen Bewunderung
sicher sein konnte. Da gab es allerdings noch den Vorwurf der
Homosexualität der im Raum stand und mit Sicherheit damals ein
Skandal der allerübelsten Sorte gewesen wäre, wenn er denn hätte
belegt werden können. Ja wenn. Es gibt noch heute gewisse Kreise,
die behaupten, dass es gewisse Dokumente gab. Dazu aber später mehr.
Tod eines Großherzoges
In den Abendstunden des 23. Februar
1918 machte sich Großherzog Adolf Friedrich VI. in seiner Residenz
''Parkhaus'' auf, um mit seinem Hund spazieren zu gehen. Als er spät
am Abend noch immer nicht zurückgekehrt war, machte man sich Sorgen
und organisierte eine Suche. Das einzige was man finden konnte war
die Mütze des Großherzogs.
Am nachmittag des nächsten Tages fand
man die Leiche des Großherzoges im Kammerkanal bei Neustrelitz. Die
Leiche wies eine Schussverletzung auf und der angenommene
Todeszeitpunkt, laut Obduktionsbericht, waren die Abendstunden des
23. Februar.
Es gab mehrere Gerüchte über den Tod
des Großherzogs. In einem angeblichen Abschiedsbrief sollen Hinweise
vorhanden gewesen sein, dass er sich von einer Frau bedrängt fühlte.
Auch wurde vermutet, dass man ihm von Seiten der deutschen
Militärführung den Freitod nahegelegt habe, weil Hinweise auf seine
Spionagetätigkeit für Großbritannien vorgelegen haben sollen. Eine
weitere Vermutung geht in Richtung Mord, entweder durch die Abteilung
III b, der deutschen Spionageabwehr, oder aus Eifersucht. Ein Duell
wurde ebenfalls vermutet.
Die offizielle Todesursache wurde mit
Ertrinken angegeben, der Amtsarzt Dr. Wilda vermerkte dazu, der
Großherzog wäre ''getroffen, vornüber in das Wasser gefallen und
ertrunken.'' Die genaueren Umstände des großherzoglichen
Dahinscheidens konnten jedoch nie ermittelt werden.
Nach den Bestimmungen des Testamentes
von Großherzog Adolf Friedrich VI., wurde er bestattet auf der
Schlossinsel Mirow in einem Grabmal, welches einer Zeichnung aus dem
erwähnten Testament entspricht. Das Grabmal besteht aus einer
abgebrochenen Säule, umwunden von einer Schlange, auf einem Sockel,
mit einem Feston, welches in den Ecken auf Widderköpfen ruht, sowie
einem Grab, mit einem großen Kreuz und an der Seite die Inschrift:
''Gott ist die Liebe''. Die Insel wird seither sinnigerweise
''Liebesinsel'' genannt.
Politische Dimensionen einer
bewegten Familiengeschichte
Mit dem Tod des Großherzogs begann
eine Reihe äußerst diffiziler Probleme, von teilweise politischer
Tragweite. Zwar schrieb man bereits das Jahr 1918, aber von
revolutionierenden Umtrieben, bis hin gar zur Abschaffung der
Monarchie als solches, war weit und breit noch nichts zu ahnen. Hier
handelte es sich immerhin um den Tod eines regierenden Fürsten,
mithin eine Staatsaffäre. Ganz zu schweigen vom beträchtlichen
Vermögen, welches dieser Fürst hinterließ.
Nun gestaltete sich die Suche nach
einem legitimen Nachfolger relativ schwierig. Der jüngere Bruder des
Großherzogs war oder wurde ja bereits 1908 verstorben. Der einzige
noch verbliebene männliche Verwandte, der nach dem Hausrecht
erbberechtigt gewesen wäre, war Herzog Carl Michael zu Mecklenburg,
ein Enkel des Großherzogs Georg von Mecklenburg und Vetter 2. Grades
von Adolf Friedrich VI. Dieser entfernte Vetter allerdings war im
Weltkrieg Offizier der russischen Armee und russischer Staatsbürger.
Ferner hatte dieser bereits 1914 auf einen Thronanspruch verzichtet.
Außerdem befand er sich desweiteren auf der Flucht vor den
revolutionsbedingten Wirren in Russland. Der Neffe dieses Carl
Michael, Herzog Georg zu Mecklenburg Graf Carlow, wiederum aus der
russischen Linie des Hauses, wäre auch noch eine der Möglichkeiten
gewesen. Dessen Vater, Herzog Georg Alexander zu Mecklenburg, hatte,
im Zuge seiner morganatischen Eheschließung, also
außerstandesgemäßen Heirat, für sich und seine Nachkommen auf die
Thronfolge verzichtet. Allerdings hatte er sich das Recht der
agnatischen Regentschaft vorbehalten. Das hieß, sollte die Linie im
Mannesstamm erlöschen, was ja hier durchaus geschehen war, könnte
dieser Nachkomme durchaus in Betracht zu ziehen gewesen sein. Vorerst
wurde Großherzog Friedrich Franz IV. von Mecklenburg (-Schwerin) als
Reichsverweser eingesetzt. Die politischen Folgen der weiteren
Gegebenheiten des Jahres 1918 machten die Klärung dieser Frage
gegenstandslos, da infolge dieser Gegebenheiten keine regierenden
Fürsten mehr, politisch oder sonstwie, benötigt wurden.
Weitere Folgen
Weitere Folgen
Obwohl in der nun
herbeirevolutionierten Republik, die immernoch als 'Deutsches Reich'
firmierte, die Frage der Thronnachfolge bzw. Regentschaft obsolet
geworden ist, gab es ja immerhin noch ein beträchtliches Vermögen.
Der Großherzog
höchstselbst hatte verfügt, dass sein privates Vermögen, mit der
stolzen Summe von 30 Millionen Mark beziffert (etwa 100 Millionen
Euro), seinem Patenkind Herzog Christian Ludwig zu Mecklenburg, dem
zweitgeborenen Sprößling des Großherzogs Friedrich Franz IV.,
zufließen solle, wenn dieser, infolge einer innerfamiliären
Einigung, die Nachfolge in Strelitz anträte, andernfalls solle die
Summe auf immerhin noch 3 Millionen Mark festgesetzt werden. Nun da
sich die Thronfolge erledigt hatte, war diese Verfügung so
gegenstandslos wie die Verzichtserklärung von Carl Michael aus dem
Jahre 1919.
Nur der Vollständigkeit halber wäre
zu erwähnen, dass Benigna Reuß zu Köstritz, man möge sich
erinnern an die erwähnte Heiratskandidatin für den Großherzog, ihr
Leben unverheirateterdings verbracht hat und ebenso alleinstehend
verstarb im Jahre 1982.
Spekulationen
Es gab ja nicht
wenige Spekulationen über das plötzliche und widernatürliche
Dahinscheiden des Großherzogs. Die gängigsten Spekulationen sind
Selbstmord, Mord und Folge eines Duells. Im Zuge der verschiedenen
Thesen wurden neben leidenschaftlichen Motiven - sowohl für den
Mord, als auch den Selbstmord und das Duell – die These von der
Spionagetätigkeit des Großherzogs, sowie allgemein depressive
Stimmungslagen angegeben.
Genügend Grund
für depressive Verstimmungen mag der Großherzog zweifelsohne gehabt
haben, als da wären beispielsweise der frühe Tod seines jüngeren
Bruders, auch wegen des damit verbundenen Druckes für einen
Nachfolger und Erben zu sorgen; der Tod seines Vaters und die damit
einhergehende Übernahme der Regentschaft; der Ausbruch des Krieges
und die damit verbundenen Strapazen als Offizier und regierender
Fürst; der Tod seiner Großmutter, an der er wohl sehr gehangen hat.
Lassen wir seine
Vertraute Daisy von Pless zu Wort kommen indem wir ihre Memoiren,
freilig merkbar lange nach Krieg und Scheidung verfasst, zu rate
ziehen:
''Ich denke der
Verlust seiner Großmutter, die schiere Endlosigkeit des Krieges,
sein Herz in England und seine Heimat in Deutschland, diese zwei
Länder im Kampf miteinander, riss ihn in Stücke und er konnte es
nicht länger ertragen. Dann war da dieser anstrengende chronische
Heuschnupfen, der, so wurde mir gesagt, führt zu äußersten
Depressionen.''
Nun diese Einschätzung, immerhin von einer Person die den Großherzog
recht gut kannte, kann man erst einmal auf sich wirken lassen.
Allerdings sollte man bezüglich der ''Herz und Heimat'' These auch
folgende Passage aus oben erwähnten Memoiren auf sich wirken lassen:
''Aber
Deutschland war damals primitiv. Als ich England verließ, mit seinem
schönen und behaglichen Leben (jetzt hat es Deutschland bis zu einem
gewissen Grade nachgeahmt), dachte ich: Muß ich wirklich in diesem
unzivilisierten Lande leben? Soll dies meine Heimat sein? Aber ich
gewöhnte mich daran, alles von der scherzhaften Seite zu nehmen.''
Und Heuschnupfen
als Grund für den Freitod? Sehr gewagt.
Zu den
Spionagevorwürfen könnte man sagen, dass der Großherzog immerhin
Stabsoffizier war und sogar Gemeralmajor. Allerdings darf bezweifelt
werden, dass seine Loyalität zu England über verwandtschaftliche
Bindungen hinausging und er Verrat geübt hätte an dem Land, in dem
er immerhin regierender Fürst war. Desweiteren darf ruhigen
Gewissens bezweifelt werden, dass er überhaupt über Informationen
verfügt hat, welche auf der Gegenseite maßgebliches Interesse
geweckt hätten, geschweige denn, dass es sich gelohnt hätte.
Außerdem darf man wohl davon ausgehen, dass spätestens nach dem
Krieg eine solche Information in den Zeitungen der damaligen
Kriegsgegner als Topstory gestanden hätte und darüber hinaus auch
in der Nachkriegspresse in Deutschland weidlich ausgeschlachtet
worden wäre.
Immer wieder wurde
(und wird teilweise noch immer) die ''Affäre'' mit der berühmten
Opernsängerin Salvatini und die Herkunft ihrer beiden Söhne
presseseitig skandiert und somit aus der so wohlverdienten Versenkung
gehoben. Man erinnere sich an den Kaufmann der gehört hat vom
Schwager und so weiter. Nur dummerweise lernte Adolf Friedrich diese
zweifelsohne bewundernswerte Dame erst kennen, nachdem ihre Söhne,
übrigens innerhalb der Ehe mit dem berliner Unternehmer und Forscher
Walter Gérard,
längst geboren waren. Letzte Zweifel darüber erübrigen sich
nachdem im Jahre 2008 Briefe öffentlich gemacht wurden, welche die
Beziehung von Salvatini mit Adolf Friedrich genau beleuchteten,
nämlich als reine Zuneigung, ohne jegliche weitergehende Absichten
beiderseits.
Gegen einen
Selbstmord spricht, dass die Leiche nach dem Auffinden eine
Schusswunde im Herzen aufwies. Dies ist doch relativ ungewöhnlich
bei einem Selbstmord. Außerdem nimmt man wohl eher nicht seinen Hund
mit, wenn man sich suizidaler Absichten hinzugeben im Begriff ist.
Übrigens auch ein Umstand der gegen ein Duell spricht. Ganz
abgesehen davon, dass die Waffe, die besagte Schusswunde verursacht
hatte, niemals gefunden wurde.
Jedoch der Entwurf
für sein eigenes Grab scheint einen gewissen Hang zum Suizidalen
vermuten zu lassen, denn die abgebrochene Säule deutet irgendwie an,
dass der Großherzog sich selbst keine sehr lange Lebenszeit
zugestanden zu haben scheint. Dazu noch die Bestattung außerhalb der
traditionellen Grablege seiner Familie.
Wie stand es denn
nun mit der Homosexualität? Nun Hinweise, die dafür sprächen
wären, der erstaunliche Mangel an Amouren mit dem weiblichen
Geschlecht, die erschreckende Zurückhaltung bei der Pflicht zur Ehe
und der erwiesene Hang des Großherzogs zum Kitschigen – zu
bestaunen an seiner Residenz dem ''Parkhaus'' und seinem Entwurf für
sein Grab auf der ''Liebesinsel''.
Auch diese immer wieder bemühte
These konnte nie auch nur ansatzweise belegt werden. Die angeblichen
Dokumente die dieses beweisen sollten, waren eine Finte von Frau
Höllrigl. Wir erinnern uns, dies war die Dame die behauptete, der
Großherzog habe ihr schon als Erbgroßherzog die Ehe angetragen. Nun
behauptete diese Dame doch tatsächlich, der Großherzog habe sich
aus diesem Versprechen freikaufen wollen und forderte den Restbetrag
von der Familie des Großherzogs ein. Und nun legte diese ''Dame''
sogar noch nach, plötzlich war man im Besitz von Briefen und
Dokumenten, die zweifelsfrei die Homosexualität des Großherzogs
beweisen sollten. Solche Dokumente sind bisher, meines Wissens nach,
nirgendwo aufgetaucht. Ich denke wir kennen alle mindestens eine
''Dame'' diesen Schlages.
Auch konnten keine männlichen
''Liebschaften'' des Großherzogs aufgetan werden. Nun kann man
einwenden, dass diese sich davor gehütet hätten solcherlei publik
zu machen. War der Ehrverlust einerseits schon Schande genug, dürfte
man andererseits nicht vergessen, dass, bis weit in das letzte
Jahrhundert hinein, solcherlei Praktiken auch durchaus strafrelevant
waren. Nun, genausowenig wie sich männliche ''Liebschaften''
sozusagen 'geoutet' hätten, hätten sich weibliche zurückgehalten.
Patt! Oder doch alle gekauft und bestochen von den Verwandten des
Großherzogs?
Trotz allem ''hätte'' und ''wäre'',
nichts als Vermutungen, Spekulationen, Indizien, Klischees und
Hörensagen. Der Tod des Großherzogs ist und bleibt ein Mysterium,
genau wie der seines jüngeren Bruders. Genauso wie das Leben dieser
beiden Brüder, bleibt das Ende im Dunkel der Geschichte verborgen.
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