Sonntag, 24. August 2014

Der mysteriöse Tod des Großherzoges


Anfang des Jahres 1918 konnte man in den Gazetten vom Tode des Großherzoges Adolf Friedrich VI. lesen. Dort war die Rede von Mord. Schnell machten Gerüchte die Runde, die bis heute kolportiert werden. Es war die Rede von ''Affären'', Homosexualität und gar Spionage. Mord oder Selbstmord – Was war geschehen in Neustrelitz im Februar 1918?

 

Man stelle sich vor, das beschauliche Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz, mit etwa 100.000 Bewohnern, wo die Zeit stehengeblieben schien, in welches sogar der ''Eiserne Kanzler'' höchstselbst sich im Falle des Weltunterganges zurückziehen wollte, da es dort mindestens 50 Jahre dauern würde, bis man von diesem Ereignis Notiz nimmt. Doch im Jahre 1918 warfen die Ereignisse dunkle Schatten voraus und das kleine Großherzogtum wurde durch einen Skandal erschüttert, wie ihn ganz Deutschland nie gesehen hatte. Der regierende Großherzog Adolf Friedrich VI. von Mecklenburg soll ermordet worden sein oder gar Selbstmord begangen haben. Sofort kursierten Gerüchte, angefangen von gefährlichen Liebschaften und Homosexualität – immerhin war Allerdurchlauchtigster mit Mitte 30 immernoch Junggeselle und dazu noch einer der reichsten in ganz Deutschland – bis hin zu Spionagevorwürfen, befand man sich doch im Krieg mit Großbritannien und dorthin hatte man ja enge verwandtschaftliche Beziehungen. Sollte etwa am Ende ein Russe Großherzog werden? Aber die politischen Ereignisse sorgten für ein jähes Ende dieser Diskussion.



Residenzschloß Neustrelitz um 1900

 

Mecklenburg-Strelitz

Seit dem Hamburger Vergleich von 1701, infolge eines Erbfolgestreits, war das Herzogtum Mecklenburg einmal wieder aufgeteilt auf 2 regierende Herzöge – einer in Schwerin und einer in Strelitz. Infolge dieses Vergleichs wurde zwar, reichlich verspätet, endlich das Prinzip der Primogenitur, das Erbrecht des Erstgeborenen, auch in der mecklenburgischen Dynastie verbindlich, allerdings wurde ebenso der Einfluß des Fürstenhauses im feudalen Ständestaat geschwächt.
Die mecklenburger Herzöge, voran die in Mecklenburg-Strelitz, waren mit die ersten, die sich gegen Napoleon stellten. Infolgedessen wurden beide regierenden Herzöge, auf dem Wiener Kongress 1815, zu Großherzögen und somit eigentlich ein Herzogtum zu zwei eigentlich teilweisen und dennoch ganzen Großherzogtümern... 





 

Der Großvater von Adolf Friedrich VI., Großherzog Friedrich Wilhelm von Mecklenburg, war verheiratet mit einer Enkelin des britischen Königs Georg III., Augusta Karoline. Obwohl seine Handlungsspielräume, durch die landständische Verfassung Mecklenburgs, eingeschränkt waren, schaffte er es, dass Mecklenburg-Strelitz nahezu schuldenfrei wurde. Seine an Geiz grenzende Sparsamkeit, auf Kosten des Landes und der Untertanen freilich, machte ihn zu einem der reichsten deutschen Fürsten. Aufgrund seiner Ressintements gegen Preußen, ließ er sich bei der Kaiserproklamation 1871 von seinem einzigen Sohn und Erben vertreten. Sein Tod im Jahre 1904 machte Adolf Friedrich V. zum Großherzog und Adolf Friedrich, den späteren VI., zum Erbgroßherzog. 

Großherzog Friedrich Wilhelm (II.)

Erbgroßherzog Adolf Friedrich

Geboren am 17. Juni 1882, als Adolf Friedrich Georg Albert Ernst Eduard, in Neustrelitz, war er drittes Kind von vier und ältester Sohn (von zwei) des Großherzogs Adolf Friedrich V. von Mecklenburg und dessen Frau Elisabeth, geborene von Anhalt.


                  Großherzog  Adolf Friedrich V.                                                                      Großherzogin Elisabeth (geb. von Anhalt)

   
 
Die Taufe wurde zusammen mit dem 60. Geburtstag seiner Großmutter Augusta Karoline gefeiert. Seine Taufpaten waren:

  • Großherzog Friedrich Wilhelm von Mecklenburg (-Strelitz), sein Großvater
  • Herzog Friedrich I von Anhalt, sein Großvater mütterlicherseits
  • Eduard von Anhalt, der zukünftige Herzog von Anhalt, sein Onkel
  • Herzogin Jekaterina von Mecklenburg (-Strelitz), geborene Romanow, seine Großtante
  • Prinzessin Maria Anna von Preußen, geborene Prinzessin von Anhalt, seine Großtante
  • Herzogin Angnes von Sachsen-Altenburg, geborene Prinzessin von Anhalt, seine Großtante
  • Herzog Ernst I. von Sachsen-Altenburg, sein Großonkel
  • Prince George, Duke of Cambridge
  • Prince Edward, Duke of Wales, zukünftiger König Edward III. des Vereinigten Königreiches
  • Prinz Friedrich von Preußen, zukünftiger Kaiser Friedrich III.
  • Großherzog Friedrich Franz II. von Mecklenburg (-Schwerin)

Das Ausmaß dieser Feierlichkeiten kann man sich ungefähr ausmalen, wenn man sich ein solch potentes Event in der heutigen Zeit vorstellt.

Nach dem Abitur in Dresden und einem Studium der Rechtswissenschaften in München, diente er in der preußischen Armee, genauer im 1. Garde-Ulanen Regiment in Potsdam. Seinen Militärdienst trat er an als Leutnant, da er schon während seines Studiums á la suite Offizier, also sozusagen Offizier auf Abruf, im Großherzoglich-Mecklenburgischen Grenadier Regiment 89 war. Die Planstelle des Kommandeurs des 2. Bataillons war für den Großherzog in Strelitz vorgesehen, während die des Kommandeurs des 1. und 3. Bataillons für den schweriner Großherzog reserviert war.

Im Mai 1907 machte sich Erbgroßherzog Adolf Friedrich zu einer mehrmonatigen Reise auf, mit seinem Verwandten und Jugendfreund Großherzog Friedrich Franz IV. von Mecklenburg (-Schwerin), die ihn in die deutschen Schutzgebiete nach Afrika führte.
Nach dieser Reise tat er weiter Dienst in der preußischen Armee und wurde bis zum Rittmeister befördert. Nach seinem aktiven Dienst blieb er Offizier á la suite.

Familiäre Verquickungen, Klatsch und Tratsch

Der jüngere Bruder von Adolf Friedrich, Herzog Carl Borwin zu Mecklenburg, verstarb im August des Jahres 1908. Die Todesumstände waren verworren. Der junge Herzog war zu dieser Zeit an der Kriegsschule in Metz und in der Nähe soll er verstorben sein. Offiziell wurde die Todesursache angegeben, als nach kurzem, schweren, heimtückischen Leiden verstorben. Die New York Times hingegen äußerte noch 1918, der Tod trat in Folge eines Autounfalls ein. Die häufigste Vermutung hingegen ist, dass er sich duellierte mit dem Ehemann seiner Schwester, nachdem dessen außereheliche Liebschaften bekannt wurden. Auch vermutet wurde ein Duell mit einem Fähnrich, der sich betrunken dazu hingerissen gefühlt haben soll, abfällige Bemerkungen über die großherzogliche Familie zu machen.

Herzog Carl Borwin

Nicht zuletzt aufgrund seiner Großmutter, einer geborenen Princess of Cambridge, hegte Adolf Friedrich große Bewunderung für Großbritannien. Er besuchte auch viele königliche Veranstaltungen, wie die Beerdigung von Königin Victoria, die Krönung und Beerdigung von Edward VII. und die Krönung von George V.
Er reiste gern und oft nach England und war gern gesehen in der Londoner Society.

Großherzogin Augusta Karoline
(geb. Princess of Cambridge)
Schon in dieser Zeit war Adolf Friedrich Gegenstand von Spekulationen in der Klatschpresse. Man machte sich Gedanken, welche der höheren Töchter dieser Zeit wohl die Braut des späteren Großherzogs werden könnte – Eine englische Prinzessin, eine russische oder die Tochter des deutschen Kaisers?

Großherzog und Kriegsausbruch

Durch den Tod seines Vaters am 11. Juni 1914 wurde Adolf Friedrich Großherzog. Wenig später brach der Weltkrieg aus.

Mit Ausbruch des Krieges wurde der Großherzog Oberst im Stab der 17. Division an der Westfront in Frankreich. Er erhielt das Eiserne Kreuz beider Klassen und wurde befördert bis zum Generalmajor. 

Es wird berichtet, dass dem Großherzog Adolf Friedrich VI. das alte Residenzschloß in Neustrelitz nicht sonderlich behagte und er es daher vorzog im sogenannten ''Parkhaus'' zu residieren, einer verspielt kitschigen Jugendstilvilla, die er sich in den Jahren 1913 – 1915 errichten ließ. Dieses Haus wurde von seiner Mutter, der Großherzogswitwe Elisabeth, noch bis zu ihrem Tode 1933 bewohnt, da es im familiären Besitz auch nach der Revolution 1918 verblieben war. 

Parkhaus Neustrelitz

 
Der Großherzog und die Frauen

Zur Zeit seiner Inthronisation war der Großherzog Adolf Friedrich VI. im stattlichen Mannesalter von 31 Jahren, also in einem Alter, wo die Frage nach einer Eheschließung immer drängender wurde, wie auch die Frage nach einem Thronfolger, da ja auch sein jüngerer Bruder bereits todesbedingt aus der Erbfolge ausgeschieden war. Nun war die Ehe eines regierenden Fürsten auch eine politische Frage, denn man musste die dynastischen Dimensionen bedenken. Außerdem befand man sich mitten im Kriege. Aber auch alle noch so schweren Erwägungen und Umstände konnten nicht für ewig herhalten als Ausreden für das Jungesellendasein einer so stattlichen Partie, wie es der Großherzog nuneinmal gewesen ist.


Eine enge Vertraute des Großherzogs war Daisy von Pless, eine gebürtige Engländerin, die einen schwerreichen schlesischen Fürsten geehelicht hatte. Diese Dame von Welt war bekannt dafür große Gesellschaften abzuhalten. Zu ihren Freunden zählten die Mächtigen der damaligen Zeit, angefangen vom Kaiser, über die Königin von Rumänien, bis hin zu diversen Industriellen – kurz alles was Rang und Namen hatte ging vor dem Krieg ein und aus bei der ''High Society Lady''. Sie war auch bekannt für ihr soziales Engagement. Bei einer solchen Gelegenheit hatte sie auch öfter Kontakt mit dem Großherzog. Nur war solches selbstverständlich anrüchig, wenn ein Offizier im Felde und deutscher Fürst sich mit einer geborenen Engländerin für englische Kriegsgefangene einsetzt. 

Daisy von Pless

 
Eine mögliche Heiratskandidatin könnte auf einen Vorschlag von Daisy von Pless zurückzuführen sein, denn diese Kandidatin war eine Verwandte ihres Ehemanns und passte aus verschiedenen Gründen vorzüglich zu Großherzog Adolf Friedrich VI. Es handelte sich um Benigna Reuß zu Köstritz. Zumindest wurden schoneinmal bestimmte Arrangements in diese Richtung getroffen.

Auch an einer Affäre, die einen gewissen anrüchigen Chrakter hat, sollte es nicht mangeln. In seiner Potsdamer Zeit, noch als Erbgroßherzog, sollte  Adolf Friedrich Kontakte mit einer gewissen Lebedame aus Berlin gehabt haben, der in Ungarn geborenen Margit Höllrigl. Diese behauptete sogar er habe ihr die Ehe versprochen und dies versuchte sie zu Geld zu machen.

Eine weitere Dame im Leben des Großherzoges war die seinerzeit äußerst berühmte Opernsängerin Mafalda Salvatini, die sogar zusammen mit Enrico Caruso aufgetreten ist. Relativ unzweifelhaft ist, dass sich beide getroffen haben. Allerdings gab es auch Gerüchte er sei der Vater ihrer zwei Söhne, welchen Umstand ein Hamburger Kaufmann vom Schwager des Großherzogs gehört haben will.

Mafalda Salvatini


 
Das war es, was man an ''Affären'' aufzubieten hatte, eine gute Freundin, eine zweifelhafte Dame und eine Opernsängerin, die verheiratet war und sich zweifelsohne nicht nur beim Großherzog Adolf Friedrich VI. einer gewissen Bewunderung sicher sein konnte. Da gab es allerdings noch den Vorwurf der Homosexualität der im Raum stand und mit Sicherheit damals ein Skandal der allerübelsten Sorte gewesen wäre, wenn er denn hätte belegt werden können. Ja wenn. Es gibt noch heute gewisse Kreise, die behaupten, dass es gewisse Dokumente gab. Dazu aber später mehr.

Tod eines Großherzoges

In den Abendstunden des 23. Februar 1918 machte sich Großherzog Adolf Friedrich VI. in seiner Residenz ''Parkhaus'' auf, um mit seinem Hund spazieren zu gehen. Als er spät am Abend noch immer nicht zurückgekehrt war, machte man sich Sorgen und organisierte eine Suche. Das einzige was man finden konnte war die Mütze des Großherzogs.
Am nachmittag des nächsten Tages fand man die Leiche des Großherzoges im Kammerkanal bei Neustrelitz. Die Leiche wies eine Schussverletzung auf und der angenommene Todeszeitpunkt, laut Obduktionsbericht, waren die Abendstunden des 23. Februar.

Es gab mehrere Gerüchte über den Tod des Großherzogs. In einem angeblichen Abschiedsbrief sollen Hinweise vorhanden gewesen sein, dass er sich von einer Frau bedrängt fühlte. Auch wurde vermutet, dass man ihm von Seiten der deutschen Militärführung den Freitod nahegelegt habe, weil Hinweise auf seine Spionagetätigkeit für Großbritannien vorgelegen haben sollen. Eine weitere Vermutung geht in Richtung Mord, entweder durch die Abteilung III b, der deutschen Spionageabwehr, oder aus Eifersucht. Ein Duell wurde ebenfalls vermutet.

Die offizielle Todesursache wurde mit Ertrinken angegeben, der Amtsarzt Dr. Wilda vermerkte dazu, der Großherzog wäre ''getroffen, vornüber in das Wasser gefallen und ertrunken.'' Die genaueren Umstände des großherzoglichen Dahinscheidens konnten jedoch nie ermittelt werden.

Nach den Bestimmungen des Testamentes von Großherzog Adolf Friedrich VI., wurde er bestattet auf der Schlossinsel Mirow in einem Grabmal, welches einer Zeichnung aus dem erwähnten Testament entspricht. Das Grabmal besteht aus einer abgebrochenen Säule, umwunden von einer Schlange, auf einem Sockel, mit einem Feston, welches in den Ecken auf Widderköpfen ruht, sowie einem Grab, mit einem großen Kreuz und an der Seite die Inschrift: ''Gott ist die Liebe''. Die Insel wird seither sinnigerweise ''Liebesinsel'' genannt. 


Politische Dimensionen einer bewegten Familiengeschichte

Mit dem Tod des Großherzogs begann eine Reihe äußerst diffiziler Probleme, von teilweise politischer Tragweite. Zwar schrieb man bereits das Jahr 1918, aber von revolutionierenden Umtrieben, bis hin gar zur Abschaffung der Monarchie als solches, war weit und breit noch nichts zu ahnen. Hier handelte es sich immerhin um den Tod eines regierenden Fürsten, mithin eine Staatsaffäre. Ganz zu schweigen vom beträchtlichen Vermögen, welches dieser Fürst hinterließ.

Nun gestaltete sich die Suche nach einem legitimen Nachfolger relativ schwierig. Der jüngere Bruder des Großherzogs war oder wurde ja bereits 1908 verstorben. Der einzige noch verbliebene männliche Verwandte, der nach dem Hausrecht erbberechtigt gewesen wäre, war Herzog Carl Michael zu Mecklenburg, ein Enkel des Großherzogs Georg von Mecklenburg und Vetter 2. Grades von Adolf Friedrich VI. Dieser entfernte Vetter allerdings war im Weltkrieg Offizier der russischen Armee und russischer Staatsbürger. Ferner hatte dieser bereits 1914 auf einen Thronanspruch verzichtet. Außerdem befand er sich desweiteren auf der Flucht vor den revolutionsbedingten Wirren in Russland. Der Neffe dieses Carl Michael, Herzog Georg zu Mecklenburg Graf Carlow, wiederum aus der russischen Linie des Hauses, wäre auch noch eine der Möglichkeiten gewesen. Dessen Vater, Herzog Georg Alexander zu Mecklenburg, hatte, im Zuge seiner morganatischen Eheschließung, also außerstandesgemäßen Heirat, für sich und seine Nachkommen auf die Thronfolge verzichtet. Allerdings hatte er sich das Recht der agnatischen Regentschaft vorbehalten. Das hieß, sollte die Linie im Mannesstamm erlöschen, was ja hier durchaus geschehen war, könnte dieser Nachkomme durchaus in Betracht zu ziehen gewesen sein. Vorerst wurde Großherzog Friedrich Franz IV. von Mecklenburg (-Schwerin) als Reichsverweser eingesetzt. Die politischen Folgen der weiteren Gegebenheiten des Jahres 1918 machten die Klärung dieser Frage gegenstandslos, da infolge dieser Gegebenheiten keine regierenden Fürsten mehr, politisch oder sonstwie, benötigt wurden.

Weitere Folgen

Obwohl in der nun herbeirevolutionierten Republik, die immernoch als 'Deutsches Reich' firmierte, die Frage der Thronnachfolge bzw. Regentschaft obsolet geworden ist, gab es ja immerhin noch ein beträchtliches Vermögen.

Der Großherzog höchstselbst hatte verfügt, dass sein privates Vermögen, mit der stolzen Summe von 30 Millionen Mark beziffert (etwa 100 Millionen Euro), seinem Patenkind Herzog Christian Ludwig zu Mecklenburg, dem zweitgeborenen Sprößling des Großherzogs Friedrich Franz IV., zufließen solle, wenn dieser, infolge einer innerfamiliären Einigung, die Nachfolge in Strelitz anträte, andernfalls solle die Summe auf immerhin noch 3 Millionen Mark festgesetzt werden. Nun da sich die Thronfolge erledigt hatte, war diese Verfügung so gegenstandslos wie die Verzichtserklärung von Carl Michael aus dem Jahre 1919.

Nur der Vollständigkeit halber wäre zu erwähnen, dass Benigna Reuß zu Köstritz, man möge sich erinnern an die erwähnte Heiratskandidatin für den Großherzog, ihr Leben unverheirateterdings verbracht hat und ebenso alleinstehend verstarb im Jahre 1982.

Spekulationen

Es gab ja nicht wenige Spekulationen über das plötzliche und widernatürliche Dahinscheiden des Großherzogs. Die gängigsten Spekulationen sind Selbstmord, Mord und Folge eines Duells. Im Zuge der verschiedenen Thesen wurden neben leidenschaftlichen Motiven - sowohl für den Mord, als auch den Selbstmord und das Duell – die These von der Spionagetätigkeit des Großherzogs, sowie allgemein depressive Stimmungslagen angegeben.

Genügend Grund für depressive Verstimmungen mag der Großherzog zweifelsohne gehabt haben, als da wären beispielsweise der frühe Tod seines jüngeren Bruders, auch wegen des damit verbundenen Druckes für einen Nachfolger und Erben zu sorgen; der Tod seines Vaters und die damit einhergehende Übernahme der Regentschaft; der Ausbruch des Krieges und die damit verbundenen Strapazen als Offizier und regierender Fürst; der Tod seiner Großmutter, an der er wohl sehr gehangen hat.

Lassen wir seine Vertraute Daisy von Pless zu Wort kommen indem wir ihre Memoiren, freilig merkbar lange nach Krieg und Scheidung verfasst, zu rate ziehen:

''Ich denke der Verlust seiner Großmutter, die schiere Endlosigkeit des Krieges, sein Herz in England und seine Heimat in Deutschland, diese zwei Länder im Kampf miteinander, riss ihn in Stücke und er konnte es nicht länger ertragen. Dann war da dieser anstrengende chronische Heuschnupfen, der, so wurde mir gesagt, führt zu äußersten Depressionen.''

Nun diese Einschätzung, immerhin von einer Person die den Großherzog recht gut kannte, kann man erst einmal auf sich wirken lassen. Allerdings sollte man bezüglich der ''Herz und Heimat'' These auch folgende Passage aus oben erwähnten Memoiren auf sich wirken lassen:

''Aber Deutschland war damals primitiv. Als ich England verließ, mit seinem schönen und behaglichen Leben (jetzt hat es Deutschland bis zu einem gewissen Grade nachgeahmt), dachte ich: Muß ich wirklich in diesem unzivilisierten Lande leben? Soll dies meine Heimat sein? Aber ich gewöhnte mich daran, alles von der scherzhaften Seite zu nehmen.''

Und Heuschnupfen als Grund für den Freitod? Sehr gewagt.

Zu den Spionagevorwürfen könnte man sagen, dass der Großherzog immerhin Stabsoffizier war und sogar Gemeralmajor. Allerdings darf bezweifelt werden, dass seine Loyalität zu England über verwandtschaftliche Bindungen hinausging und er Verrat geübt hätte an dem Land, in dem er immerhin regierender Fürst war. Desweiteren darf ruhigen Gewissens bezweifelt werden, dass er überhaupt über Informationen verfügt hat, welche auf der Gegenseite maßgebliches Interesse geweckt hätten, geschweige denn, dass es sich gelohnt hätte. Außerdem darf man wohl davon ausgehen, dass spätestens nach dem Krieg eine solche Information in den Zeitungen der damaligen Kriegsgegner als Topstory gestanden hätte und darüber hinaus auch in der Nachkriegspresse in Deutschland weidlich ausgeschlachtet worden wäre.

Immer wieder wurde (und wird teilweise noch immer) die ''Affäre'' mit der berühmten Opernsängerin Salvatini und die Herkunft ihrer beiden Söhne presseseitig skandiert und somit aus der so wohlverdienten Versenkung gehoben. Man erinnere sich an den Kaufmann der gehört hat vom Schwager und so weiter. Nur dummerweise lernte Adolf Friedrich diese zweifelsohne bewundernswerte Dame erst kennen, nachdem ihre Söhne, übrigens innerhalb der Ehe mit dem berliner Unternehmer und Forscher Walter Gérard, längst geboren waren. Letzte Zweifel darüber erübrigen sich nachdem im Jahre 2008 Briefe öffentlich gemacht wurden, welche die Beziehung von Salvatini mit Adolf Friedrich genau beleuchteten, nämlich als reine Zuneigung, ohne jegliche weitergehende Absichten beiderseits.

Gegen einen Selbstmord spricht, dass die Leiche nach dem Auffinden eine Schusswunde im Herzen aufwies. Dies ist doch relativ ungewöhnlich bei einem Selbstmord. Außerdem nimmt man wohl eher nicht seinen Hund mit, wenn man sich suizidaler Absichten hinzugeben im Begriff ist. Übrigens auch ein Umstand der gegen ein Duell spricht. Ganz abgesehen davon, dass die Waffe, die besagte Schusswunde verursacht hatte, niemals gefunden wurde.

Jedoch der Entwurf für sein eigenes Grab scheint einen gewissen Hang zum Suizidalen vermuten zu lassen, denn die abgebrochene Säule deutet irgendwie an, dass der Großherzog sich selbst keine sehr lange Lebenszeit zugestanden zu haben scheint. Dazu noch die Bestattung außerhalb der traditionellen Grablege seiner Familie.

Wie stand es denn nun mit der Homosexualität? Nun Hinweise, die dafür sprächen wären, der erstaunliche Mangel an Amouren mit dem weiblichen Geschlecht, die erschreckende Zurückhaltung bei der Pflicht zur Ehe und der erwiesene Hang des Großherzogs zum Kitschigen – zu bestaunen an seiner Residenz dem ''Parkhaus'' und seinem Entwurf für sein Grab auf der ''Liebesinsel''.
Auch diese immer wieder bemühte These konnte nie auch nur ansatzweise belegt werden. Die angeblichen Dokumente die dieses beweisen sollten, waren eine Finte von Frau Höllrigl. Wir erinnern uns, dies war die Dame die behauptete, der Großherzog habe ihr schon als Erbgroßherzog die Ehe angetragen. Nun behauptete diese Dame doch tatsächlich, der Großherzog habe sich aus diesem Versprechen freikaufen wollen und forderte den Restbetrag von der Familie des Großherzogs ein. Und nun legte diese ''Dame'' sogar noch nach, plötzlich war man im Besitz von Briefen und Dokumenten, die zweifelsfrei die Homosexualität des Großherzogs beweisen sollten. Solche Dokumente sind bisher, meines Wissens nach, nirgendwo aufgetaucht. Ich denke wir kennen alle mindestens eine ''Dame'' diesen Schlages.
Auch konnten keine männlichen ''Liebschaften'' des Großherzogs aufgetan werden. Nun kann man einwenden, dass diese sich davor gehütet hätten solcherlei publik zu machen. War der Ehrverlust einerseits schon Schande genug, dürfte man andererseits nicht vergessen, dass, bis weit in das letzte Jahrhundert hinein, solcherlei Praktiken auch durchaus strafrelevant waren. Nun, genausowenig wie sich männliche ''Liebschaften'' sozusagen 'geoutet' hätten, hätten sich weibliche zurückgehalten. Patt! Oder doch alle gekauft und bestochen von den Verwandten des Großherzogs?

Trotz allem ''hätte'' und ''wäre'', nichts als Vermutungen, Spekulationen, Indizien, Klischees und Hörensagen. Der Tod des Großherzogs ist und bleibt ein Mysterium, genau wie der seines jüngeren Bruders. Genauso wie das Leben dieser beiden Brüder, bleibt das Ende im Dunkel der Geschichte verborgen.






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