Montag, 1. September 2014

Militärgeschichte: Obrist, Hauptmann und Feldweibel - Die Anfänge militärischer Organisation


Die Grundlagen des modernen Militärwesens liegen in der der Professionalisierung des Kriegshandwerkes in der Renaissance. Nun war der Krieg nicht mehr ein Aufeinandertreffen unorganisierter Haufen von Bauern, der sich schließlich im ritterlichen Kampf entschied. Vielmehr das Aufeinandertreffen organisierter Heere, die mittels taktischer Lenkung auf dem Schlachtfeld agierten. Viele der noch heute gebräuchlichen militärischen Begriffe stammen aus dieser Zeit. Wie sind sie entstanden? Warum heißt es 'Zapfenstreich'? Und was bitte ist bzw. war ein ''Hurenweibel''?





 

Eine lange Zeit waren kriegerische Auseinandersetzungen dominiert von den Rittern. Diese adligen Krieger waren gebunden, durch ihren Lehnseid, an ihren Landesherren. Sie waren, von früheseter Kindheit an, damit beschäftigt, sich auf den Kampf vorzubereiten. Daneben gab es das Fußvolk. Dieses bestand aus Bauern, welche man als Wehrpflichtige, im Gefolge eines Ritters, mitführte.
Die jeweiligen Schlachten wurden ausgefochten, indem nun dieses Fußvolk aufeinander losstürmte und eine wilde Rauferei begann. Die adligen Ritter stürmten dann in dieses Getümmel hinein und beendeten es, unter anderem auch im Zweikampf mit den Rittern der Gegenseite.
Doch eines Tages passierte etwas. Das Fußvolk der Gegenseite stürmte nicht wild los, sondern rottete sich zu Haufen zusammen, um dem Ansturm zu begegnen. Diese Taktik des organisierten Zusammenrottens ging auf, da man so dem unorganisierten Fußvolk der Geegenseite erheblichen Schaden zufügen konnte. Später waren diese Haufen dann auch noch mit langen Spießen ausgestattet und konnten so den schwerfälligen Rittern der Gegenseite etwas entgegensetzen.
Mit diesem organisierten Kriegsvolk begann eine neue Ära des 'Kriegshandwerks'. Die Ära der professionellen Söldner. Die Vorläufer für diese extra bestellten und ausgebildeten Fußtruppen, waren die sogenannten schweizerischen Reisläufer. Dieser Taktik nahm man sich an und organisierte dann eigenes Kriegsvolk genauso. Daraus entstanden die Landsknechtstruppen. Die Stärke dieser Formationen war die Schlachtordnung. Um diese Ordnung zu etablieren und durchzusetzen bedurfte es der Organisation und der Ausbildung, bis hin zum letzten Knecht.

Der Kriegsherr und sein Stab

Der Obrist

Der Kriegsherr war ein erfahrener Krieger, meist aus dem Ritterstand, der von einem Landesherren oder einer Stadt beauftragt wurde. Dazu erhielt er den sogenannten Bestallungsbrief, auch Patent genannt. Er scharte dann Gefolgsleute um sich und stattete diese mit sogenannten Werbepatenten aus. Diese gingen dann los und warben Söldner an, die dann zu einem Regiment zusammengestellt wurden. Das Wort Regiment leitet sich vom latainischen ''regime'' ab, was so viel wie lenken bzw. beherrschen bedeutet.

Dieser Kriegsherr wurde so zum Obristen, also Obersten seines Regimentes. Er sorgte als eigentsändiger Unternehmer für finanzielle Mittel und deren Aufwendung, um ein Regiment aufzustellen, auszurüsten und zu unterhalten.

Der Obrist hatte um sich herum einen ''Staat'', bestehend aus einem Geistlichen (Feldkaplan), einem Arzt, einem Schreiber, einem Dolmetscher, seiner Leibwache, Dienern und den Regimetstrommlern und Pfeifern.

Zur Unterstützung hatte der Obrist einen Stab aus Spezialisten. Diese Spezialisten hatten jeweils ein Amt inne, latainisch 'officium', woraus später dann 'Offizier' wurde.

Der Pfennigmeister, später Zahlmeister

Dieser Spezialist verwaltete die Kriegskasse, sowie sämtliche Einnahmen und Ausgaben.

Der Quartiermeister

Dieser Spezialist kundschaftete und wählte den Lagerplatz aus. Außerdem sogte er für die geordnete Belegung des Quartiers.

Der Schultheiß oder Regimentsschulze, später (Regiments-)Adukteur

Dieser Spezialist war für die Rechtsprechung im Feldlager zuständig. Dabei standen ihm 12 gewählte Schöffen zur Seite.

Der Profoss

Diesem Spezialisten unterlag die Durchsetzung von Ordnung und Recht im Regiment.

Unterstützungsämter

Bei einer bestimmten Größe des Regimentes und wenn der Aufgabenbereich eines Amtsträgers eine gewisse Größe hatte, stand ihm ein Stellvertreter zu. Dieser wurde Leutinger genannt, nach dem latainischen ''Locumtenens'', was so viel wie Platzhalter heißt. So entstand der deutsche Begriff ''Leutnant''.

Der Hurenweibel

Diesem Spezialisten unterstand der Tross, also das gesamte Gefolge eines Regiments, welches sowohl für die Versorgung des Regimetes zuständig war, als auch aus dem begleitenden Volk bestand, wie Frauen und Kinder von Landsknechten etc.

Das Wort ''Hure'' kann durchaus wörtlich genommen werden, denn auch diese ''Professionellen'' waren im Gefolge eines Landsknechtsheeres durchaus üblich.

Das Wort 'Weibel' stammt vom althochdeutschen weibil bzw. weibon, was so viel heißt wie ''sich hin- und herbewegen''. Damit wurden untergeordnete Amtsträger bezeichnet, die sich eben hin- und herzubewegen hatten. Der Hurenweibel hatte, je nach Größe des Trosses, teilweise die selbe Besoldung wie ein Offizier, galt also demnach durchaus als solcher.

Der Feldweibel, oder ''Spieß''

Dieser hatte für die Einhaltung der Schlachtordnung zu sorgen und ferner den Innendienst zu koordinieren, also sozusagen als Vermittler zwischen den Offizieren, den untergeordneten Führern und den Landsknechten zu dienen. Zur Durchführung seiner Ordnungsaufgaben bediente sich der Feldweibel auch schoneinmal einer sogenannten Partisane, also einem langen Spieß, den auch der eine oder andere Knecht, wenn er aus der Schlachtordnung ausscherte, von hinten zu spüren bekam.

Weitere Ämter

Je nach Bedarf und Größe des Regimentes gab es weitere Ämter. So beispielsweise zum organisierten brandschatzen den Brandmeister. Zum Beschaffen von Futter, also ''Furage'', sogenannte ''Furagiere'', welche dann ''furagieren''. Für die Beschaffung von Lebensmitteln sogenannte ''Proviantmeister''. Zur Vollstreckung von Urteilen, sogenannte ''Scharfrichter'', ''Freimann'' oder ''Nachrichter'', der meist an einem roten Rock bzw. an einer roten Feder am Barrett zu erkennen war. Zum Verteilen der Beute, ein sogenannter ''Beutemeister''. Als Gehilfe für den Profoss, zur Verhinderung von Aufständen und zur Aufrechterhaltung der Ordnung im Lager, gab es den sogenannten ''Rumormeister''.

Der ''Zapfenstreich''

Ab einer gewissen Zeit wurde im Feldlager Ruhe befohlen. Das hieß, dass ab dieser Zeit Tätigkeiten, wie beispielsweise das Trinken, einzustellen waren und sich allgemein zur Ruhe begeben wurde. Angezeigt wurde das dadurch, dass der Profoss oder ein Beauftragter durch das Lager gingen und mit einem Deuten auf den Zapfhahn, also mittels Keule oder Spieß denselben ''streichen'', den Knechten mitteilten diese Handlung einzustellen und sich zur Ruhe zu begeben. Daher wird dieser Zeitpunkt noch heute als ''Zapfenstreich'' bezeichnet.

Haufen, Fähnlein, Kompanie

Der Hauptmann

Während der Kriegsherr, also der Obrist, der Unternehmer war, der ein Regiment aufstellte und diesem vorstand, war der Hauptmann sozusagen ein 'Subunternehmer' der für die Aufstellung von sogenannten Haufen sorgte. Diese Haufen scharten sich um eine Fahne und wurden daher als Fähnlein bezeichnet. Später entwickelten sich daraus die gogenannten Kompanien, vom französischen ''Compagnie''. Unterteilt waren diese wiederum in sogenannte Rotten.

Dieser Hauptmann hatte, neben seinem Stellvertreter, dem Leutnant (s.o.), ebenfalls einen Stab, ähnlich dem des Obristen. Daneben gab es spezielle Ämter auch im Fähnlein.

Der Fähnrich

Dieser war sehr wichtig für die Schlachtordnung, denn um die Fahne versammelte sich der Haufen und diese Fahne diente dem Haufen zur Orientierung auf dem Schlachtfeld. Der Fähnrich hatte die Fahne nicht nur zu führen, sondern musste sie auch verteidigen, denn es war so, dass wenn die Fahne in gegnerische Hände fiel, sich die Schlachtordnung des Haufens auflöste. Daher wurden meist die Größten und Kräftigsten unter den Knechten als Fähnriche ausgewählt. Man kann mit Fug und Recht sagen, dass der Fähnrich, neben dem Hauptmann, in der Schlacht der wichtigste Mann war.

Der Feldscher

Wie der Name schon vermuten läßt, war der Feldscher unter anderem für die Bartpflege der Knechte zuständig und wenn man einmal dabei ist, kann man auch gegebenenfalls schmerzende Zähne ziehen, Wunden versorgen etc. Dieser war also ganz allgemein für die körperliche Versorgung zuständig, hatte auch seine Gehilfen, woraus sich später das Sanitätspersonal entwickelte.

Die Gemeinämter

Ein Feldweibel war zuständig für die Aufrechterhaltung der Schlachtordnung und die Kommunikation zwischen den Offizieren und den Knechten, wie ich bereits erwähnte. Dieser wurde durch den Obristen oder den Hauptmann bestimmt. Die Knechte wählten untereinander dann die Weibel, die für die Weitergabe der Befehle zu sorgen hatten und die Haufen organisierten. Außerdem wurden in den Rotten die sogenannten Rottmeister gewählt.



Dies war nun ein kurzer Ausflug in die frühen Zeiten der Organisation des Heereswesens. In diesen Tagen wurden die Grundlagen geschaffen, nach denen auch heutige moderne Armeen organisiert sind. Viele der Begriffe, die man heute noch mit dem Militär verbindet, haben dort ihren Ursprung.

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