Kamikaze – Für die einen ein
Symbol der Sinnlosigkeit des Krieges, für manche Symbol der
Verzweiflung angesichts der Niederlage und für nicht wenige Symbol
für den absoluten Opfermut im Angesicht des Todes. Ein Bild ging um
die Welt, welches sehr junge Piloten zeigt, die ihr Leben, einen Tag
nachdem dieses Foto aufgenommen wurde, opferten – Hingabe bis zum
Tod für Kaiser und Heimat. Wer war der Junge, der den kleinen Welpen
hält?
Ein Foto, das 5 lächelnde junge
Piloten mit einem kleinen Hundewelpen zeigt, wurde zur berühmesten
Darstellung japanischer Kamikazeflieger des 2. Weltkrieges. Die
jungen Piloten auf dem Bild waren Teil der 72. Shinbu-Staffel
(Spezialangriffseinheit) der kaiserlich japanischen Armee, welche, am
27. Mai 1945, einen Angriff auf die US-Marine bei Okinawa flog. Der
junge Pilot in der Mitte, der den kleinen Welpen hält, hieß Yukio
''Yuki'' Araki und war 17 Jahre und 2 Monate alt als er, einen Tag
nachdem dieses Foto aufgenommen wurde, bei einem Kamikazeangriff sein
Leben opferte.
Yuki
wuchs auf in der kleinen Stadt Kiryu in der Präfektur Gunma. Als
Kind liebte er Modellflugzeuge und gewann den ersten Preis in einem
Wettbewerb, in dem er ein Modellflugzeug für die längste Zeit in
der Luft hielt. Er meldete sich mit 15 Jahren freiwillig zu einem
Trainingsprogramm der Armee, in welchem Jugendliche zu Piloten
ausgebildet wurden. Im Sptember 1943 rückte Yuki zur 6 monatigen
Grundausbildung im Tachiarai-Luftwaffenstützpunkt der kaiserlich
japanischen Armee ein. Bei seinem Abschluss erhielt Yuki die höchste
Auszeichnung für seine herausragenden Leistungen. Dannach wurde er
versetzt in die Nähe des Stützpunktes Metabaru, für weiteres
Flugtraining, und dann im Mai 1944 nach Pjöngjang (Korea) zum
Training auf Mitsubishi Ki-51 Erdkampfflugzeugen.
Etwa Februar 1945 meldeten sich die
Flieger von Yukis Einheit, der 23. Rensai Staffel in Pjöngjang,
geschlossen freiwillig für Kamikazeeinsätze. Im März verlegte die
Einheit zum Kakamigahara Luftwaffenstützpunkt, um ihre Maschinen für
Kamikazeeinsätze umzurüsten. Dort wurde die Einheit dann in 72.
Shinbu-Staffel umbenannt und Yuki nahm am 5. April die Gelegenheit zu
einem letzten Besuch bei seiner Familie wahr. Obwohl die näheren
militärischen Einzelheiten geheimgehalten wurden, ahnte Yukis
älterer Bruder und wahrscheinlich auch seine Eltern, dass dieser
Besuch wohl der letzte war. Er übergab seinen Eltern drei Briefe,
die im Falle seines Todes geöffnet werden sollten, einen für seine
Eltern, einen an seinen älteren Bruder und einen an seine 3 jüngeren
Brüder. Nachdem Yuki zurückgekehrt war zu seiner Einheit, kam sein
älterer Bruder allein zum Luftwaffenstützpunkt, um ihn ein letztes
mal zu sehen.
Nach der Umrüstung der Ki-51 Flugzeuge
kehrten die 12 jungen Männer der Staffel zurück nach Korea, um
weitere Befehle abzuwarten. Am 21. April 1945 erhielten sie,
wahrscheinlich aufgrund verworrener Umstände in der militärischen
Führung, den Befehl nach Nanking in China zu verlegen. Wegen eines
US-Anriffes, im Zuge dieser Verlegung, verlor ein Pilot sein Leben
und ein weiterer wurde verletzt. Am 5. Mai erhielten sie den Befehl
nach Metabaru, wo Yuki bereits zu Trainigszwecken stationiert war, zu
verlegen. Nachdem die Maschinen in Pjöngjang gewartet wurden,
erreichte die Staffel mit 10 Leuten am 17. Mai Metabaru und wartete
auf weitere Befehle.
Am 25. Mai verlegte die 72.
Shinbu-Staffel zum geheimen Bansei Luftwaffenstützpunkt, an der
südlichen Spitze von Kyushu. Am 26. Mai machte ein Fotograf der
Asahi Shimbun, einer großen japanischen Zeitung, das berühmte Foto
von Yuki mit dem kleinen Hundewelpen und 4 seiner Staffelkameraden.
In den frühen Morgenstunden des 27. Mai schrieb Yuki seinen letzten
Brief an seine Familie, dannach startete die Staffel, wobei eine der
Maschinen zurückkehren musste, wegen eines Motorschadens. Von den 9
Angehörigen der 72. Shinbu-Staffel, die Kurs auf Okinawa nahmen,
waren 6 unter 20 Jahre alt.
Hier Yukis letzter Brief, vom 27. Mai
1945, an seine Familie:
Ich schreibe meinen letzten Brief
und hoffe es geht Euch gut soweit.
Heute gehe ich auf eine glorreiche
Mission und ich werde bestimmt großen Erfolg in der Schlacht haben.
Ich warte auf den Tag, an dem wir uns wiedersehen in Kudankita, wenn
die Kirschblüten blühen.
Bitte paßt auf Euch auf.
Übermittelt bitte meine Grüße an meine jüngeren Brüder und an
alle in der Nachbarschaft.
Sayonara
Kundankita ist ein
Bezirk in Tokyo, in dessen Mitte der Yasukunischrein ist, welcher
gewidmet ist denen, die ihr Leben opferten im Dienst für das
Japanische Kaiserreich.
Hier der Inhalt
einer Bleistiftnotiz an seine Eltern:
Lieber Vater, liebeMutter,
ich hoffe Euch Allen geht es gut.
Ich breche am 27. auf, an den Ort
der entscheidenden Schlacht. Hiermit übersende ich ein paar Strähnen
meiner Haare, abgeschnitten in der Nacht vor meinem Feindflug, sowie
das Abzeichen der 72. Shinbun-Staffel, von meinem Fliegeranzug, den
ich bis zum Ende tragen werde.
Bitte paßt auf Euch auf und bitte
entschuldigt diese hastig geschriebene Notiz.
Yukio
Die 3 Briefe, die
Yuki, bei seinem letzten Besuch am 5. April, bei seiner Familie ließ,
sollten geöffnet werden im Falle seines Todes.
Hier der Brief an
seine Eltern:
Lieber Vater, liebe Mutter,
ich hoffe Euch und meinen Brüdern
geht es gut soweit.
Es wurde entschieden, dass ich als
Teil der Tokkotai (Sepezialangriffstruppe) teilnehme an der Schlacht
um Okinawa. Das hat mich tief bewegt und mein einziger Wunsch ist es,
ein feindliches Schiff mit einem einzigen Schlag zu versenken.
Wenn ich zurückblicke, möchte ich
mich entschuldigen dafür, dass ich nicht in irgendeiner Weise für
Euch dagewesen bin in den letzten etwa 10 Jahren.
Durch die Lehren von verschiedenen
Vorgesetzten seit meinem Eintritt in die Armee, widme ich nun mich
selbst meinem Land, als Mitglied der Tokkotai. Bitte findet gefallen
an Eurem Wunsch, für meine Loyalität gegenüber dem Kaiser sowie
der Hingabe an die Eltern.
Ich fühle kein Bedauern und folge
geradewegs meinem Pfad.
Ich bitte Euch meine drei jüngeren
Brüder zu erziehen, dass sie unserem Land dienen können als edle
Flieger. Meine aufrichtige Hoffnung ist auch, dass Ihr gut auf Euch
acht gebt und Euer Bestes gebt an der Heimatfront.
Bitte übermittelt meine Grüße an
alle Verwandten und die Nachbarn.
Sayonara,
Yukio Araki
72. Shinbu-Staffel
Diesen Brief
richtete Yuki an seinen älteren Bruder Seiichi:
Lieber Bruder,
ich danke Dir für die lange Zeit,
in der Du auf mich Acht gegeben hast. Ich gehe in den Tod ohne Reue
und werde einen ernsthaften Treffer machen.
Ich entschuldige mich dafür, dass
ich bis heute nicht die Gelegenheit hatte mich für Deine Güte zu
revanchieren. Bitte sei erfreut, dass diese Versetzung an die Front
mein Dank an Dich ist.
Heute, wo die Lage im Krieg immer
ernster und ernster wird, ist es mir wichtig meinen jungen Körper in
den Feind zu stürzen. Dieses Jahr trittst Du auch in das Militär
ein und ich erwarte aufrichtig, dass Du Dich anstrengst mit harter
Arbeit und hingebungsvollem Dienst im Militär.
Ich möchte Dich und unsere Eltern
um etwas bitten. Achtet bitte auf die Ausbildung meiner drei jüngeren
Brüderund das sie mir in der Zukunft als gute japanische Männer
nachfolgen werden.
Auf das wir uns wiedersehen unter
den Blüten von Kudankita.
Yukio
Den folgenden Brief
schrieb Yuki an seine jüngeren Brüder:
Liebe Brüder, Yasuyoshi, Yoshio und
Kunikatsu,
lernt sehr gut und esst reichlich.
Zaudert nicht mit Lebensmittelrationen. Ihr werdet nicht wachsen,
wenn ihr nicht esst. Tut bitte, was die Eltern Euch sagen, und werdet
gute japanische Männer.
Gebt Euch nicht damit zufrieden
wenig zu erreichen im Leben. Seid nicht stolz mit kleinen Erfolgen,
tut Euer Bestes in Allem. Erinnert Euch an Toyotomi Hideyoshi. Schon
seit langen Zeiten sind Fehler die Grundlage jeden Erfolges.
Euer älterer Bruder
Toyotomi Hideyoshi
war japanischer Heerführer und Begründer der Tokugawadynaste der
Shogune. Er stammte aus einfachen Verhältnissen. Im 16. Jahrhundert
startete er einen erfolglosen Versuch der Eroberung von Korea und
China.
(Übersetzung
der Briefe aus dem Japanischen von Bill Gordon, 2005)
Quellen:
Yuki
Died at 17 in a Kamikaze Attack (Yuki-wa Junanasai Tokko-de Shinda)
Nonfiction (Poplar Publishing, 2004)
Sasaki,
Mako. 1999. Who Became Kamikaze Pilots and How Did They Feel TowardsTheir Suicide Mission?
(May
8, 2005). Originally published in The Concord Review 7 (Fall
1996):175-209.
Naemura,
Hichiro. 1993. Rikugun saigo no tokkou kichi: Bansei tokkoutaiin no
isho to isatsu (Army's last special attack base: Last letters and
photographs of Bansei special attack corps members). Osaka: Toho
Shuppan.
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