Samstag, 16. August 2014

Sozialer Wohnungsbau nach Art der Fugger


Die Fugger sind ein europäischer Mythos, ein Synonym für Reichtum und wirtschaftliche Macht. In diesem Jahr jährt sich der Geburtstag von Jakob Fugger genannt „der Reiche“ zum 555. mal. Ein Grund mehr einen bedeutenden Vertreter der Renaissance zu ehren, nicht zuletzt auch wegen seines Stiftungswerkes, welches unter anderem die Fuggerei in Augsburg umfasst, die sogar etwas mit einem der größten Genies der Musikgeschichte, mit Mozart, zu tun hat und die erste Sozialsiedlung der Welt ist.


Die Fuggerei in Augsburg ist die älteste Sozialsiedlung der Welt. Bereits im Jahre 1521 stiftete Jakob Fugger, genannt „der Reiche“, diese Siedlung für bedürftige augsburger Arme, Tagelöhner, Handwerker und Bürger. Heute wohnen in den 140 Wohnungen, verteilt auf 67 Häuser, 150 bedürftige katholische Bürger der Stadt Augsburg. Die Jahresmiete beträgt bis heute den nominellen Wert eines Rheinischen Guldens, der bei etwa 88 Cent (0,88 EURO, in Worten achtundachzig Cent!) liegt. Dafür sprechen die Bewohner, für den Stifter und seine Familie, täglich ein Vaterunser, ein Glaubensbekenntnis und ein Ave Maria.

Jakob Fugger „der Reiche“

 
 Jakob Fugger, Gemälde von Albrecht Dürer


Am 6. März 1459 wurde Jakob Fugger in Augsburg geboren, wo er am 30. Dezember 1525 auch verstarb. Er wurde in den Familienzweig „von der Lilie“ hineingeboren. Er galt als der bedeutendste Kaufmann, Montanunternehmer und Bankier seiner Zeit. Das Familienunternehmen, was er führte, würde man heute als „multinationalen Konzern“ bezeichnen. Bereits im Alter von 14 Jahren bereitete er sich in Venedig auf seine spätere Tätigkeit vor. Er führte das Unternehmen seiner Familie von einem Handelsunternehmen mittlerer Reichweite zu einem europaweit agierenden Konzern. (nach Geffcken, DAMALS 7/2004)
Mit seiner Unterstützung des Hauses Habsburg hatte er auch Einfluß auf die europäische Politik, der ihm selbstverständlich auch geschäftliche Vorteile einbrachte. Er finanzierte den Aufstieg Kaiser Maximilians I., die Wahl Karls V. zum römisch-deutschen König und die habsburger Heiratspolitik, in deren Folge die Krone Ungarns und Böhmens für die Habsburger gesichert werden konnten.
Erwähnenswert sind auch die Stiftungen Jakob Fuggers. So stiftete er unter anderem mit der 1509 bis 1512 erbauten Fuggerkappele in St. Anna den ersten Renaissancebau in Deutschland. Der 1515 erbaute Damenhof in den Fuggerhäusern in Augsburg gilt als erstes deutsches nicht kirchlich-sakrale Bauwerk der Renaissance. Im Jahre 1521 stiftete er die Fuggerei in Augsburg.

Die Anfänge der Fuggerei

Die zwischen 1516 und 1523 erbaute Anlage wurde am 23. August 1521 offiziell von Jakob Fugger gestiftet, für bedürftige, katholische Bürger der Stadt Augsburg. Sie war gedacht für von Armut bedrohte Handwerker und Tagelöhner, die beispielweise durch Krankheit in eine Notlage geraten waren. Die Bewohner konnten sowohl innerhalb, wie außerhalb der Fuggerei einer Tätigkeit nachgehen und sollten im Falle der wirtschaftlichen Erholung wieder ausziehen.

 
Die Kirche in der Fuggerei

Der erste Geistliche in der Fuggerei war der Jesuit Petrus Canisius (1521 – 1597), ein Theologe und Schriftsteller, sowie einflußreicher Kirchenlehrer. Dieser war ein bedeutender Vorkämpfer der Gegenreformation und auf ihn gehen die ersten katholischen Katechismen zurück. Er wurde im Jahre 1925 heilig gesprochen.
Die Kirche St. Markus in der Fuggerei wurde in den Jahren 1581/82, vom Baumeister Hans Holl, erbaut und von Markus und Philipp Eduard Fugger gestiftet.


 

Die Fuggerei und kriegsbedingte Zerstörungen

Bereits im Dreißigjährigen Krieg wurde die Fuggerei bis 1642 weitestgehend zerstört, aber dann wieder aufgebaut. Im Jahre 1944 wurde die Fuggerei, im Zuge von Luftangriffen auf Augsburg im 2. Weltkrieg, zu zwei Dritteln zerstört, aber der Aufbau noch im selben Jahr vom Fürstlich und Gräflich Fuggerschen Familienseniorat beschlossen. Mit Mitteln aus der Stiftung wurde die Fuggerei ab 1945, nach Plänen von Raimund von Doblhoff, wieder aufgebaut. Bereits 1947 zogen die ersten Bewohner wieder ein und Ende der '50er Jahre war der Wiederaufbau abgeschlossen.



Die Bewohner der Fuggerei

 
Nach dem Willen des Stifters sollte die Fuggerei „würdigen Armen“ eine Heimstatt bieten. Es galt, wer dort wohnen wollte musste Augsburger Bürger sein, katholischen Glaubens und mit einem guten Leumund. Diese Regeln gelten, neben den bereits erwähnten Gebeten für den Stifter und seine Familie, bis heute.
Die meisten Bewohner waren in Notlage geratene Handwerker und Tagelöhner. Bis in das 20. Jahrhundert hinein meist Familien mit mehreren Kindern. Einer der Bewohner war 1681 bis zu seinem Tode 1694 der Maurermeister Franz Mozart, der Urgroßvater von Wolfgang Amadeus Mozart. Über dessen Verarmung gibt es verschiedenste Thesen.
Die Lebensbedingungen waren schon für damalige Zeiten recht angenehm. Die Türglocken sind auch heute noch, wie vor nahezu 500 Jahren, mechanisch und jede unterscheidet sich an Griff und Gehänge, um in der Dunkelheit Verwechslungen zu vermeiden.
Das Areal umfasst heute 8 Gassen, eine Kirche und, nach einem Zuerwerb von 1973, 67 Häuser. Die 3 Tore werden nachts von 22 Uhr bis 5 Uhr geschlossen, bis 24 Uhr kommen die Bewohner gegen einen Obulus von 50 Cent, an den Nachtwächter, hinein.
Die Wohnungen der Fuggerei sind 60 Quadatmeter groß und verfügen jeweils über einen eigenen Eingang. Die Erdgeschoßwohnungen haben zusätzlich einen Garten und die im Obergeschoß einen Speicher. Heute sind die Wohnungen an das Fernwärmenetz angeschlossen.




 

Die Verwaltung der Fuggerei

Die Fuggerei stellt eine von 9 Stiftungen in der Fürstlich und Gräflich Fuggerschen Stiftungs-Administration dar. Sie verfügt über Wälder und Immobilien und finanziert die Fuggrei noch heute. Ab 2006 ist auch der Tourismus eine Einnahmequelle, denn die Fuggerei ist, neben dem Augsburger Rathaus, eine der beliebtesten Touristenattraktionen in Augsburg. Das Aufsichtsgremium ist das Fürstlich und Gräfich Fuggersche Familienseniorat.

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