Montag, 16. Februar 2015

Douglas Albert Munro - Der Lebensretter von Guadalcanal


Dramatische Szenen spielten sich ab, am 27. September 1942, als drei Kompanien der Marines, unter schwerem feindlichen Feuer, vom Strand von Guadalcanal evakuiert wurden. Eines der Landungsboote lief auf eine Sandbank und musste heruntergezogen werden. Immer wieder schweres japanisches Feuer vom Strand. Die Leitung über die Landungsboote übernahm freiwillig der junge Signal Man First Class Douglas A. Munro. Er sicherte die Evakuierung, indem er sein Boot zwischen den Feind und die Landungsboote brachte und Feuerschutz gab. 500 Marines konnten erfolgreich evakuiert werden, inklusive 25 Verwundeter. Nur der junge Mann, dem alle ihre Rettung verdankten, Douglas A. Munro, hat die Aktion nicht überlebt. Seine letzten Worte waren: „Haben wir sie alle herausbekommen?“

 Bild: Lakota Press


Im Zuge des Feldzuges um Guadalcanal wurden am 25. September 1942 drei Kompanien der 7th Marines von einer Übermacht japanischer Streintkräfte eingeschlossen, am Fluß Matanikau. Der Kommandeur der Marines, Lt.. Col. „Chesty“ Puller, forderte daraufhin Feuerunterstützung vom Zerstörer USS Monnsen an. Eine Gruppe von Landungsbooten evakuierte die Marines vom Strand, unter schwerem japanischen Feuer. Die Leitung über die Landungsboote hatte der 22 jährige Signal Man First Class Munro, welcher Feuerschutz für die Evakuierungsmaßnahme gab und dabei tödlich verletzt wurde. Nur durch seinen Mut konnten 500 Marines, unter ihnen 25 Verletzte, gerettet werden. Er ist der bisher einzige Angehörige der U.S. Coast Guard, der die höchste us-amerikanische Auszeichnung, die „Medal of Honor“, erhielt. Wer war dieser junge Mann?

Douglas Albert Munro aus Cle Elum

Am 1. Oktober 1919 wurde Douglas Albert Munro geboren, in Vancouver, British Columbia, in Kanada. Obwohl in Kanada geboren, galt er dennoch als US-Bürger, weil beide seiner Eltern welche waren. Der Vater nahm eine Stelle bei der Warren Construction Company an, witzigerweise in Vancouver, Washington. Doug, wie ihn seine Freunde nannten, besuchte die Cle Elum High School.

Während seiner Schulzeit interessierte sich Doug sehr für Musik. Er spielte in einer Band und im Schulorchester. Sein Vater, James Munro, war Captain der Coast Guard Reserve und aktiv in der American Legion, einer us-amerikanischen Veteranenorganisation. Die American Legion hatte ein Trommler und Trompeter Corps, die „Sons of the American Legion“, welches aus Jungs im Alter zwischen 5 und 15 bestand. So begab es sich das der junge Doug die Führung dieses Spielmannszuges übernahm. Er war sehr beliebt bei den Jungs und galt, neben seinen musikalischen Fähigkeiten, als freundlich und hilfsbereit.

Doug machte seinen Schulabschluß im Juni 1937. Er schrieb sich ein am Central Washington College of Education in Ellensburg, weil dieses nur 30 Meilen von seinem Heimatort entfernt war und er so die Gelegenheit hatte seine Jungs vom Spielmannszug weiter führen zu können. Diese Aufgabe schien dem jungen Doug am Herzen zu liegen, wo doch die meisten us-amerikanischen Jungs alle möglichen Kriterien an die Auswahl des geeigneten Colleges anlegen, aber mit Sicherheit nicht die Nähe zum Elternhaus.

Bild: USCG.mil


In der U.S. Coast Guard

Für seine 20 Jahre war Doug im Jahre 1939 ein recht schmächtiger Bursche, mit einer Größe von etwa 1,77 m und gerade einmal 62 kg Gewicht. Er wollte gern zur Coast Guard, weil man dort „Leben retten“ könne, wie seine Schwester später sagte. Also futterte sich Doug noch ein paar Pfunde an, um das nötige Gewicht für die Coast Guard zu bekommen. Er schaffte alle Tests und begann seinen Dienst in Port Angeles. Nach der Grundausbildung meldete sich Doug auf den U.S. Coast Guard Cutter (USCGC) Spencer, wo er bis 1941 seinen Dienst tat. Nach den offiziellen Aufzeichnungen der U.S. Coast Guard führte sich Doug Munro ausgezeichnet und wurde recht schnell befördert bis zum Signal Man First Class.
Auf Anordnung von President Roosevelt wurden im Juni 1941 Angehörige der U.S. Navy und der U.S. Coast Guard zusammengelegt, um Transportschiffe der Navy zu bemannen. So begab es sich, daß Doug seinen Dienst Begann auf der USS Hunter Ligget, einem Truppentransporter der Harris-class, mit 52 Offizieren und 673 Mann Besatzung, sowie 35 sogenannten Higgins boats (LCPs) und 2 gepanzerten Landungsbooten (LCTs). 

Bild: USCG.mil
 

Im Pazifik

Die US-Streitkräfte starteten ihre ersten Angriffsoperationen im Pazifik im Mai des Jahres 1942, mit ersten Erfolgen bei den Schlachten im Korallenmeer und Midway. Die Japaner stießen vor zu den Solomoninseln, welche 2 parallele Inselgruppen südwestlich etwa 600 Meilen von Neu Guinea entfernt formen. Die Inseln Tulagi und Guadalcanal, jeweils am Ende der Inselkette, sollten den Ausgangspunkt des us-amerikanischen Angriffs auf die Japaner dort werden. Die Insel Guadalcanal war strategisch wichtig, weil die japanischen Streitkräfte dort einen Luftstützpunkt errichten wollten, der ihnen die Kontrolle der Süd-Solomonen ermöglicht hätte. Die japanischen Langstreckenbomber wären von hier aus in der Lage gewesen, den Seeweg zwischen den USA und Australien, also die Nachschubwege, anzugreifen. Dies führte zur Operation mit dem Codenamen Watchtower. Von den Truppentransportschiffen der Navy, die an dieser Operation teilnahmen, hatten 18 Personal der Coast Guard an Bord. Diese Leute hatten die wichtige Aufgabe, die amphibischen Landungsboote zu führen. Viele der Angehörigen der Coast Guard waren ausgebildet in Lebensrettungseinsätzen, wodurch sie mit zu den am besten qualifizierten Führern kleiner Boote zählten. Einer dieser Leute war Doug.

Bild: USCG.mil
Während der Vorbereitungen der Invasion von Guadalcanal, wechselte Doug Munro öfter von Schiff zu Schiff, wo immer seine Dienste benötigt wurden. Gegen Ende Juli 1942 trafen sich die Schiffe der Angriffsgruppe auf Hoher See und am 7. August setzte man Kurs auf Guadalcanal, unter Führung der USS Hunter Ligget. Das Schiff wurde zur Kommandozentrale, während die Marines begannen, die Küstenabschnitte zu sichern. Zur Zeit der Invasion diente Doug Munro unter Rear Admiral Richmond K. Turner an Borad der USS McCawley. Er war dabei, als bei der Landung auf Tulagi, tagelang andauernde schwere Kämpfe stattfanden. Am 20. September meldete sich Doug freiwillig zu einer Rettungsaktion, als ein Navy Flugzeug auf Savo notlanden mußte. Er und ein paar andere Männer machten sich mit einem Rettungsboot auf die Suche nach dem Piloten und seinem Kanonier. Die beiden Vermissten wurden von einem Patrouillenflieger aufgenommen, wovon die Retter allerdings nichts mitbekommen hatten, weil Funkstille befohlen war. Die Rettungscrew um Doug Munro war bei dieser Aktion allerdings heftigem feindlichen Feuer ausgesetzt. Als sie ihr Boot etwa 300 Yards vor dem Festland manövrierten, setzte schweres MG-Feuer ein. Mit einem Zick-Zack-Kurs brachte Doug seine Crew wieder zurück, mit nur minimalen Schäden. 

Bild: USCG.mil

 
Die Rettung

Nach einigen Wochen wurden die Marines auf Guadalcanal zurückgeschlagen und mußten sich auf ihre Verteidigungslinie zurückziehen. Man plante einen Vorstoß Richtung Westen, entlang des Flusses Matanikau, um kleinere japanische Einheiten davon abzuhalten sich zu einem Angriff auf die us-amerikanischen Einheiten zusammenzuschließen. Für einige Tage versuchten sie, unter heftigem Widerstand, den Fluß zu überqueren. Am Sonntag, dem 27. September, sollten 3 Kompanien des ersten Bataillons der 7th Marines, unter Lt. Col. „Chesty“ Puller, westlich des Matanikau anlanden, um eine Basis zu errichten. Doug Munro übernahm die Leitung über die Landungsboote und 2 gepanzerte Landungsboote, welche die Marines von Lunga Point zu einer schmalen Bucht westlich von Point Cruz bringen sollte.

Bild: USCG.mil
 

Mit Unterstützung durch den Zerstörer USS Monssen, welcher ein Sperrfeuer mit seinen 5-Inch Kanonen eröffnete, stürmten die Marines landeinwärts. An einer Hügelkette, mehrere hundert Yards von der Küste entfernt, reorganisierten sich die Marines. Als sie auf eine feindliche Übermacht trafen, mussten sich die Marines zurückziehen. In der Zwischenzeit bezog Doug mit seinen Booten seinen Postenpunkt bei Lunga Point, wo relativ bald die Nachricht eintraf, daß die Marines in Schwierigkeiten stecken. Die Marines hatten kein funktionstüchtiges Funkgerät mehr. So waren sie gezwungen zu improvisieren, also formten sie mit ihren Unterhemden das Wort „HELP“ an einer Hügelkette, was Second Lieutenant Dale Leslie bei einem Überflug erkannte. Als Lt. Col. Puller den entsprechenden Funkspruch hörte, reagierte er blitzschnell, da er erkannte, daß seine Männer isoliert waren und unter Feuer standen. Er forderte Unterstützung von der USS Monssen an. Doug Munro meldete sich freiwillig die Männer dort wieder herauszuholen.

Die Higgins-Landungsboote waren etwa 1000 m lange Boote, mit einer Sperrholzhülle und stumpfer Nase. Sie boten wenig Schutz, waren langsam, leicht zu treffen und schwer zu manövrieren, mit leichter Bewaffnung von gerade 2 Kaliber .30 Maschinengewehren. Als Doug die Boote zur Küste brachte, eröffneten die Japaner das Feuer von der Hügelkette aus, von der sich die Marines gerade zurückgezogen hatten und aus Positionen östlich des Strandes. Das intensive feindliche Feuer von starken ineinandergreifenden Positionen unterbrachen die Anlandung und verwundeten einige der nahezu wehrlosen Männer der Rettungscrew. Trotz dieser Schwierigkeiten, gelang es Doug die Boote zur Küste zu bekommen, in Gruppen von 2 bis 3 Booten nacheinander. Er und ein Mitglied seiner Crew sicherten die Aktion, indem er, von einer offenen Position in der Nähe, Feuerschutz gab. Als die Marines in die Landungsboote stiegen, stürmten die Japaner den Strand, was die Situation jede Sekunde gefährlicher machte. Doug Munro manövrierte gekonnt sein gepanzertes Boot so, daß er wie ein Schutzschild zwischen den angreifenden Japanern und den entkommenden Marines agierte. Die gesamte Landungsstreitmacht konnte mit 25 Verwundeten evakuiert werden.

Bild: USCG.mil
 
Tod und Nachwirkung

Als Doug Munro sein Boot von der Küste wegsteuerte, passierte er Point Cruz und sah eines der Landungsboote, vollbesetzt mit Marines, das auf Grund gelaufen war. Er brachte sein Boot in Stellung und wies ein anderes Landungsboot an, das auf Grund gelaufene Boot von der Sandbank zu ziehen. Etwa 20 Minuten später steuerten beide Landungsboote auf die offene See zu und Munro gab Feuerschutz. Ein Crewmitglied sah die Gefahr kommen, doch die Motorengeräusche erstickten alle Warnungen und so traf ein Geschoß aus einem japanischen MG Doug am Kopf. Außerhalb des Gefahrenbereiches erlangte Doug nur noch kurz das Bewußtsein und seine einzige Frage war:

Haben wir sie alle herausbekommen?“

Dann starb er, nur 2 Wochen vor seinem 23. Geburtstag.

Der kommandierende Offizier, Lieutenant Commander D.H. Dexter, schrieb in seinem Brief an die Eltern unter anderem:

...Am Sonntag, dem 27, September, wurde eine Expedition ausgesendet, in ein Gebiet, in dem mit Schwierigkeiten gerechnet wurde. Douglas hatte die Führung über die Boote, welche die Männer dort hin brachten. Am späten Nachmittag entwickelte sich die Situation unplanmäßig und um die Teilnehmer der Expedition zu schützen, wurde es nötig die Boote zurückzuschicken, um die Männer zu evakuieren. Es wurde nach Freiwilligen gefragt, für diese gefährliche Mission. Gemäß den höchsten Traditionen der Coast Guard und denen, die Sie Ihrem Sohn mitgegeben haben, war er der erste, der sich freiwillig meldete. Die Rettungsaktion war so erfolgreich, wie es ging unter schwerem feindlichen Feuer. Wie es immer wieder passiert, bei solchen Aktionen, sind die letzten, die den Strand verlassen können, diejenigen, die unter dem größten Druck stehen, da sie den Abzug der anderen zu decken haben. Ihr Sohn wußte das und positionierte sich und sein Boot so, daß auch die letzten Männer gedeckt waren. Durch seine Aktionen und erfolgreichen Manöver konnten mehr Männer gerettet werden, als man erhoffen konnte. Er erhielt seine Verwundung in dem Moment, als die letzten Männer die Boote bestiegen, um dem Gefahrenbereich zu entkommen. Als er kurz sein Bewußtsein wiedererlangte, war seine einzige Frage „Haben wir alle herausbekommen?“ und er starb mit einem Lächeln auf seinem Gesicht, im vollen Bewußtsein, daß er eine gefährliche Mission erfolgreich zu Ende gebracht hatte. In den anderthalb Jahren, in denen ich Douglas kannte, wuchs meine Wertschätzung für ihn und, durch ihn, für Sie. Er war ein Beispiel für die amerikanische Männlichkeit, die gebraucht wird, um diesen Krieg zu gewinnen. Ich möchte Ihnen hier versprechen, daß, wann immer ich das Privileg habe, in der Nähe von Cle Elum zu sein, ich auf Sie zukomme, um Ihnen die Ehre zu erweisen, als Eltern von Douglas. ...

Am 27. Oktober 1942 erhielten die Eltern von Douglas Munro einen offiziellen Brief vom Department of the Navy, daß ihr Sohn für die „Medal of Honor“ - die höchste Auszeichnung der us-amerikanischen Reegierung vorgeschlagen wurde. Diese Auszeichnung wird verliehen vom Präsidenten der Vereinigten Staaten, im Namen des Kongresses, an Angehörige der Streitkräfte, die sich ausgezeichnet haben durch:

...auffallende Tapferkeit und Furchtlosigkeit bei Lebensgefahr, weit über die Pflichterfüllung hinaus, im Gefecht gegen einen Feind der Vereinigen Staaten...

Am 27. Mai 1943 empfingen die Eltern die Medal of Honor von President Roosevelt, im Rahmen einer Zeremonie im Weißen Haus.

 
Bilder: USCG.mil
 
Die sterblichen Überreste von Douglas Munro wurden zunächst auf Guadalcanal bestattet. Nach dem Krieg wurden sie in die Vereinigten Staaten überführt und mit allen militärischen Ehren auf dem Laurel Hill Memorial Gardens Friedhof in Cle Elum beigesetzt. Das Grab ziert ein Denkmal und ein Flaggenmast. Am Denkmal ist eine gravierte Bronzeplatte angebracht, mit der Geschichte von Douglas Munro.


 
Als im Herbst 1942 die Frauenreserve der Coast Guard gegründet wurde, war die Mutter von Douglas Munro, Edith Munro, eine der ersten Freiwilligen. Sie leistete Dienst, als Offizier in der Coast Guard Reserve, bis sie in den Ruhestand versetzt wurde.

Bild: USCG.mil
 
Am 27. September 1999, 57 Jahre nach Douglas Munros Tod, fand eine Zeremonie an seinem Grab statt, bei der ein neuer Flaggenmast am Munro-Denkmal eingeweiht wurde und ein Veteranendenkmal nahe des Grabes enthüllt wurde, von Gov. Gary Locke. Das Veteranendenkmal besteht aus einer Wand, welche alle Namen auflistet von über 700 Veteranen der Streitkräfte aus der Gegend. Der neue Flaggenmast zeigt eine US-Flagge, die Flagge der Coast Guard und die Flagge für Vermisste und Gefangene der Streitkräfte.

Nach Douglas Munro sind weiterhin ein Navy Zerstörer und ein U.S. Coast Guard Cutter benannt.

Zweifelsohne ist Douglas Munro eingegangen in die Geschichtsschreibung der Vereinigen Staaten von Amerika. Seine Tat wird gelehrt an Schulen und soll jungen Menschen als Beispiel dienen. Sie steht auch als Beispiel für den Opfermut, zu dem junge Menschen bereit sind, um einem höheren Zweck zu dienen, auch unter Gefahr für das höchste Gut - das eigene Leben. Somit sollte dieses Beispiel auch den Entscheidungsträgern dienen, damit sie ihre eigene Verantwortung reflektieren können, um einzuschätzen, ob ihre Entscheidungen dieses Opfer auch wirklich wert sind.






Quellen



Griffith, S. B.: Battle for Guadalcanal, Illinois 1963


NavSource Naval History 


Quann, C. J.: Douglas A. Munro, United States Coast Guard – A World War II Hero from Cle Elum in Columbia – The Magazine of Northwest History, Fall 2000; Vol. 14 No. 3


Shaw, H.I.,Jr: First Offensive – The Marine Campaign for Guadalcanal, Washington 1992


United States Census 1930


United States Department of the Army: Code of Federal Regulations – Sect. 578.4 Medal of Honor, 2002


United States Coast Guard, 2009 „SM1c Douglas A. Munro, USCG“ 


Williams, G.: Guardian of Guadalcanal – The World War II Story of Douglas A. Munro, USCG, West Chester, OH 2014