Jahrhundertelang
ging der Schrecken um in Europa und dieser nannte sich
„Türkenfurcht“. Unbesiegbar waren die fremden Heere –
Unbesiegbar und furchteinflößend. Prunkvoll und bunt gingen sie in
die Schlacht. Der Schlachtruf und der dröhnende Rhythmus der
Militärmusik ging den Gegnern in Mark und Bein. Wer waren diese
Krieger?
Der
Grundstein zum Osmanischen Reich wurde durch die militärische
Expansion gelegt und das Militär war nicht nur in der
Außendarstellung einer der maßgebenden Identifikationsfaktoren.
Dennoch kann man hier nicht von einem Militärstaat nach heutiger
Definition sprechen. Wenn man das Osmanische Reich vergleicht, dann
sieht man, dass es sich gemessen an den Jahren der Kriegführung und
den militärischen Ausgaben, durchaus im europäischen Durchschnitt
befindet. Dennoch ist eine klare Abgrenzung von staatlicher
Organisation und Militär problematisch, da sowohl der
zentralistische Staat wie auch das Militär in der politischen
Organisation eine Schlüsselstellung hatten.
Frans Geffels (1635–1671) Entsatzschlacht von Wien (Museum Karlsplatz)
Die
Anfänge und das Timarsystem
Mit
dem Zerfall des Seldschukenreiches entstanden eine Vielzahl kleiner
Fürstentümer. So begründete auch Osman I. (1258/59 – 1326) die
Dynastie der Osmanen, welche nach ihm benannt ist. Diese wird
zurückgeführt auf den Stammesverbund der Oghusen (Oğuzlar).
Dem Fürstentum der Osmanen,
dessen Gründung etwa um 1299
erfolgte, kam eine
strategisch günstige Lage zugute, da es direkt an byzantinisches
Gebiet grenzte. Diese Tatsache förderte den Zustrom turkmenischer
Stammeskrieger im Kampf gegen Ungläubige und um weltlichen Besitz.
Die
anfängliche Taktik dieser Krieger war so einfach wie effektiv: Man
verwüstete und verbrannte die Felder der Gegner und belagerte dann
deren Städte, welche
dann ohne Nachschub schnell eventuelle Widerstandswünsche aufgaben.
Die
Gefolgschaft dieser Kämpfer sicherte sich Osman I. geschickt, denn
die Entlohnung dieser Kämpfer geschah wahrscheinlich schon zu seiner
Zeit nach dem sogenannten
Timarsystem,
einer
Abwandlung des Iqta-Systems der Abbasiden. Dies bedeutete, dass die
Stammeskrieger mit Militärpfründen belohnt wurden und so an den
Fürsten und den entstehenden Staat einerseits gebunden wurden,
andererseits der Staat bzw. die eroberten Gebiete organisiert wurden.
Die
Militärpfründe oder Timare dienten, über die jeweiligen Einnahmen,
wie Pachten, Steuern, Abgaben etc., dem Unterhalt des jeweiligen
Kriegers und wurden gemäß der zu erwartenden Einnahmen, ihrer Größe
entsprechend eingeteilt. Als Bemessungsgrundlage hierfür diente der
sogenannte Akçe,
eine osmanische Silbermünze.
Die
Timare wurden den Kriegern, sogenannten
Timarioten, auf
Lebenszeit
überlassen,
galten allerdings nicht als deren Besitz, da Grundbesitz
ausschließlich dem Sultan vorbehalten war. Somit waren auch die
Möglichkeiten der Vererbung nur bedingt gegeben.
Diese
Timare
gab es in verschiedenen Größen, von einem Akçe bis 19.999. Aus
der Zeit Süleyman des Prächtigen (1495 – 1566) ist überliefert,
dass der sogenannte “Schwertanteil” (Kiliç) eines Timars, also
der Anteil der zur Heerfolge in gut gerüstetem Zustand
verpflichtete, 1.000 Akçe betrug, wobei ab 3.000 Akçe ein weiterer
Krieger (Cebeli) zu stellen war. Die
Zahl dieser
Krieger
konnte sich
in weiteren
Schritten
von
jeweils 1.000 Akçe auf weitere (bis zu 7) Männer mehren, die vom
jeweiligen Timarioten auszuheben, auszubilden, auszurüsten und
anzuführen waren.
Ab
der Größe von 20.000 Akçe sprach man von sogenannten Ziamet und ab
100.000 Akçe von Has, welche für Verwalter und Provinzfürsten
vorgesehen waren.
Der
Staat und die Organisation
In
der Zeit bis kurz nach der Eroberung von Konstantinopel (1453) formte
sich eine schlagkräftige Armee. Das osmanische Militär bestand in
seiner Anfangsphase vorwiegend aus Reiterei, in Form einer
nomadischen Steppenkavallerie. Außerdem entstanden, im Zuge der
weiteren Entwicklung, auch Infanterieeinheiten (Piyade),
die sogenannten Haşer und Yaya, die aus jungen Dorfbewohnern
gebildet wurden, welche auf ein geregeltes Einkommen hofften. Diese
Erfindung war keineswegs neu, denn auch andere Länder des
Kulturkreises hatten ähnliche Einheiten. Wobei
hier allerdings zu beachten ist, dass es im Osmanischen Reich eine
strikte Trennung zwischen dem Bauernstand und den Kriegern gab, da man befürchtete, dass die Versorgung durch eine
zu große soziale Mobilität, also dem Wechsel vom einem zum anderen
Stand, gefährdet werden könnte. Den sich zentralisiert
entwickelnden
Staat und das Militär reorganisierte Mehmet II. (1430 – 1481)
grundsätzlich, da auch die Unberechenbarkeit von Stammeskriegern zum
Problem hätte werden können.
An
der Spitze des Staates stand der Sultan aus dem Hause Osman, als
uneingeschränkter Herrscher, mit absoluter Autorität in allen
Fragen. Ihm zur Seite stand ein Staatsrat (Diwan) der aus Wesiren
(ähnlich Ministern) gebildet wurde und dem der Großwesir vor stand.
Das Reich selbst war untergliedert in Großprovinzen (Eyalet), bei
denen Rumeli (Rumelien) und Anadolu (Anatolien) eine Sonderstellung
(Kernprovinzen) hatten. Diese Großprovinzen wurden durch einen
Beylerbey geführt und untergliederten sich in Sandschaks (in etwa
Verwaltungsbezirke), die von Sanschakbeys geführt wurden und sich
wiederum in Gerichtsbezirke (Kaza) sowie in die jeweiligen
Militärpfründe unterteilten. Des weiteren gab es Vasallenstaaten,
also autonome Gebiete, die dem osmanischen Herrscher zum Tribut und
auch teilweise zur Heerfolge verpflichtet waren. Die oberste
religiöse Autorität des Staates war der Scheichülislam (Şeyh-ül
islam), der auch Mufti
der Hauptstadt war.
Der Kazasker war der oberste Heeresrichter und gleichzeitig Mitglied
des Diwan. Dieser ernannte auch die Richter der Gerichtsbezirke
(Kadi). In der weiteren Entwicklung gab es je einen Kazasker für
Rumelien und Anatolien.
Es
kam nun also
zum organisatorischen Anfang einer neu gegliederten Verwaltung, die
somit auch gezwungen war die Armee neu aufzustellen. Alle Einheiten
wurden durch Gesetze (Kanun) geordnet, in welchen auch die Bezahlung,
entweder durch Geld, Beute oder durch Militärpfründe, festgelegt
wurden. Es bildete sich somit eine Kernstruktur des osmanischen
Militärs heraus, die unter Süleyman dem Prächtigen zu ihrer vollen
Entfaltung gelangen sollte. Die Grundsätzliche Einteilung erfolgte
in Provinztruppen (Eyalet askerleri)
und
Pfortentruppen
(Kapıkulu
Ocakları),
die dem Sultan direkt unterstanden und von ihm mit Sold entlohnt
wurden.
"Spahis" (Knötel Uniformenkunde)
Die
Provinztruppen
(Eyalet askerleri),
Freiwilligen
und Hilfstruppen
Den
Kern der Provinztruppen bildeten die Timarioten, die schwer gerüstet
und bewaffnet als sogenannte “Sipahi” in den Krieg zogen. Das
Wort Sipahi stammt aus dem Persischen
und ist in etwa mit “Kriegsmann”
zu übersetzen, steht also allgemein für einen berittenen schweren
Krieger. Diese hatten in ihrem Gefolge die sogenannten “Cebeli”,
also die von ihnen auszubildenenden und auszurüstenden Krieger. Die
Einheiten der Provinztruppen waren in Bölük eingeteilt, die durch
einen Subaşi
geführt wurden. Jeweils zehn dieser Bölük unterstanden einem
Miralay bzw. Alaybeg. Kommandiert
wurden diese Truppen vom jeweiligen Sandschakbey.
Des
weiteren schlossen sich den Provinztruppen eine Vielzahl von
freiwilligen Verbänden an, die teilweise besoldet wurden oder von Kriegsbeute lebten. Außerdem
schlossen sich hier auch die Hilfstruppen der Vasallen der
Schlachtordnung an. Sowohl die Freiwilligen als auch die Hilfstruppen
bestanden aus Kavallerie oder Infanterie. Es gab eine Vielzahl von
Truppen, beispielsweise die Akinci, Deli (Tollkühne), Gönöllü
(Begeisterte), Yaya, Derbenci, Tataren, Hayducken, Mamluken,
Panduren, Voynuk, Martolos und immer so weiter.
Eine
besondere Bedeutung für die Schlachtordnung hatten hier die Akinci,
die als leichte Reiterei die Voraustruppen bildeten und somit die
Aufklärung übernahmen. Sie erwarben sich bei den Gegnern den Ruf
sogenannter “Renner und Brenner”, da sie von Kriegsbeute lebten
und
somit im Vorfeld die gegnerischen Gebiete plünderten sowie gefangene
Männer, Frauen und Kinder als Sklaven verkauften. Sie bestanden aus
ganzen Clans, deren Positionen in der Rangfolge teilweise sogar
erblich waren und die
sogar
auch erbliche Pfründe erhielten (bspw. der Clan Mihaloglu in Widin),
was im Osmanischen Reich äußerst ungewöhnlich war. Später wurden
die Akinci
durch die Tataren ersetzt, die infolge des Eingreifens von Mehmet II.
zugunsten von Khan Meñli
I. Giray
im Thronfolgestreit auf der Krim (1478)
zur
Heerfolge verpflichtet waren. Diese
Operationen im Vorfeld der Schlachtordnung hatten auch einen, nicht
zu unterschätzenenden, Einfluss im Rahmen der psychologischen
Kriegführung, wozu auch der Einsatz der Musiktruppen (Mehti), insbesondere der schweren
Trommeln, gerechnet werden kann.
Zwei Führer der Akinci in der Schlacht von Mohács
(Ausschnitt aus einer Miniatur des Süleymanname 16. Jh.)
Viele
der freiwilligen Truppen, wie beispielsweise die Deli und Gönöllü,
rekrutierten sich aus der Provinzbevölkerung. Sie wurden teilweise
von den Provinzfürsten bezahlt und als Leibwachen eingesetzt. Sie
erwarben sich, wie auch bestimmte Hilfstruppen, teilweise einen
legendären Ruf, weil sie todesmutig und kampfstark agierten. Einen
äußerst gefürchteten Ruf bei den Feinden des Osmanischen Reiches
hatten auch bestimmte (teilweise
christliche)
Hilfstruppen, wie
die
“Voynuk” oder die serbischen Panzerreiter. Die
lose Struktur vieler Freiwilligenverbände lässt im Nachhinein
oftmals nur schwer einen Rückschluss auf die ursprüngliche Herkunft
ihrer Angehörigen zu. Es ist aber, auch aufgrund zeitgenössischer
Quellen, anzunehmen, dass viele aus den eroberten Gebieten, so auch
Slawen im Westen, sich den Türken anschlossen und zum Islam
konvertierten.
Die
Infanterie wurde, neben verschiedenen Freiwilligen und Hilfstruppen,
auch durch die sogenannten Azab (Unverheiratete) gestellt. Bei den
Azab kann man von einer frühen Form der Wehrpflicht sprechen, denn
auf
30 anatolische Haushalte war
ein
unverheirateter
Infanterist
zu stellen.
Die
Pfortentruppen (Kapıkulu
Ocakları)
Der
Begriff „Hohe Pforte“, aus dem sich auch der Begriff der
Pfortentruppen ableitet, steht als Synonym für die Regierung des
Osmanischen Reiches (auch im Zusammenhang mit anderen Regierungen des
orientalischen Kulturkreises benutzt) und läßt sich auf die hohe
Pforte des Sultanspalastes zurückführen, an welcher unter anderem
ausländische Gesandschaften empfangen wurden.
Die
Pfortentruppen
bestanden aus sechs Kavallerieeinheiten (Altı Bölük Halkı), den
berühmt-berüchtigten Janitscharen sowie aus der Artillerie (Topçu
Ocağı) und verschiedenen Sonder- und Spezialeinheiten. Sie stellten
das "Stehende Heer" des Sultans dar und wurden auch von ihm
bezahlt. Der Vorteil einer stehenden Truppe liegt klar auf der Hand,
denn diese steht sofort auf Abruf bereit. Die sich daraus ergebenden
Nachteile sind vielschichtig, wie beispielsweise die Bezahlung auch
zu Zeiten, wo sie nicht benötigt wird, bis hin zum Risiko, welches
sich für den Machthaber ergibt, wenn Berufskrieger schwer bewaffnet
und gut ausgebildet ständig präsent sind.
Die
Rekrutierung der Kapıkuları, also
"Sklaven der Pforte", erfolgte über die Knabenlese –
Devşirme.
Die Knabenlese wurde auch in den besetzten Gebieten systematisch
durchgeführt. Die besonders für das Militär begabten jungen
Burschen
wurden dann in das Kadettenkorps
(Acemi Ocağı)
aufgenommen.
Die
Kavallerie (Süvari)
bestand im Kern aus schweren Reitern (Sipahi) und den sogenannten
"Silahdari"
(pers.
"Waffenträger").
Sie
rekrutierten sich aus begabten Schülern der Palastschule (Enderun).
Die Silahdari hatten unter anderem auch die Aufgabe die Feldzeichen
zu bewachen. Zur Seite standen ihnen die Besoldeten (Ulûfeciyân-ı
)
zur Rechten und zur Linken, denen wiederum die Fremden (Gurebai) zur
Rechten und Linken zur Seite standen. Diese bewachten die Kriegskasse
und nahmen militärpolizeiliche Aufgaben wahr.
Offiziere der Pfortentruppen (2. v. rechts Tschausche/çavuş)
Den
Kern der Pfortentruppen bildete das Korps der Janitscharen, die der
Legende nach um das Jahr 1330 herum von Orhan I. (1281
– 1359) begründet
worden sein sollen, als Leibwache des Sultans. Dabei soll er den
berühmten Hadschi Bektasch, auf den der sufistische Bektaschi-Orden
zurückgeht, um seinen Segen für diese Elitetruppe gebeten haben.
Erwiesen ist, dass ab dem 16. Jahrhundert Derwische der Bektaschi in
der Nähe der Janitscharengarnisonen lebten, um die geistliche
Betreuung der Truppe sicherzustellen.
Man
geht heute
allerdings
davon
aus, dass die Gründung der Janitscharen erst durch Murad I. geschah.
Diese Yeñi
çeri also Neue Truppe
stellte
erstmals eine stehende Einheit dar. Das Korps war unterteilt in drei
zahlenmäßig
ungleichen
Einheiten (Cemaat;
Aga-Bölük; Sekban),
welche wiederum in Ortas unterteilt waren. Die Ränge der
Janitscharen waren bezeichnet wie die von Küchenpersonal, etwa
çorbacı-başı – Suppenmeister oder aşcı-başı – Chefkoch,
während die Einheiten Bezeichnungen einer Jagdgesellschaft trugen,
welches
auf die ursprünglichen Aufgaben der Truppe zurückzuführen ist.
Das
Aufgabenspektrum der Janitscharen
umfasste,
neben Infanterieeinsätzen in der Schlacht, die Bewachung von
Festungen, die Sicherstellung von Ordnung
und Sicherheit in Städten und Sicherheitsaufgaben für den Sultan.
So waren sie über das ganze Reich aufgeteilt.
Den
Sultan umgaben in der Öffentlichkeit die stets mit schußbereiten
Bögen bewaffneten Solakları
(türk.
"solak" – links), welche sich aus den Janitscharen
rekrutierten. Sie trugen helmartige Kappen, mit hohen fächerartigen
Federbüschen (süpürge), die den Sultan vor Blicken schützen
sollten. Auch die sogenannten Peykis
(pers.
etwa Meldegänger),
deren Zeichen eine Art Doppelaxt war, gehörten dazu.
Janitscharen
Prozession zum Freitagsgebet
Der Orientreisende Louis-François Cassas (1756-1827) malte während seines Aufenthaltes in Konstantinopel Sultan Abdülhamid bei einer Prozession. (Schön zu sehen die Süpürge der Solaklari, die hier allerdings schon mit Pistolen bewaffnet sind, und die Doppeläxte der Peykis)
Der Orientreisende Louis-François Cassas (1756-1827) malte während seines Aufenthaltes in Konstantinopel Sultan Abdülhamid bei einer Prozession. (Schön zu sehen die Süpürge der Solaklari, die hier allerdings schon mit Pistolen bewaffnet sind, und die Doppeläxte der Peykis)
Das
osmanische Militär war eines der ersten, welches Artillerietruppen
aufstellte und Feldgeschütze sowie schwere Geschütze gezielt
einsetzte. Hinweise darauf datieren aus dem späten 14. bis
beginnenden 15. Jahrhundert. Bei der Belagerung Konstantinopels
(1543) kam sie ebenfalls zum Einsatz. Das Artilleriekorps (Topçu
Ocağı)
gehörte
ebenfalls zu den Pfortentruppen und wurde
anfänglich hauptsächlich mit Christen aufgestellt, wie die Tayfa-i
efreciye. Später erfolgte die Ausbildung an der Palastschule und ab
dem 18. Jahrhundert an Militärakadiemien. Die
Artillerietransporttruppe bzw.
Protzentruppe (Top
Arabacıları Ocağı)
war anfänglich für den Transport der Artilleriegeschütze zuständig
und später allgemein für militärische Transportaufgaben. Zu diesem
Zweck wurde zu Kriegszeiten Personal für die Fuhrwerke rekrutiert.
Die Waffenschmiede (Cebeci Ocağı) war zuständig für die
Entwicklung, Fertigung und Bereitstellung (auch Transport) von
Waffen. In Friedenszeiten bewahrten sie das Waffenarsenal auf.
Topçubaşı und Cebeciler Kethüdası
Außerdem
war im osmanischen Militär auch der Einsatz von Musikkapellen
(Mehti) sehr viel früher als in westlichen Armeen üblich. Jeder
größere Führer hatte eine eigene Kapelle, die ihm zusätzlich zu
den anderen Zeichen seines Ranges, in einer besonderen Zeremonie
verliehen wurde.
Mehterhâne aus dem Surname-ı Vehbi von Levni (1720)
Weiterhin
gab es eine
Reihe von Sonder- und Spezialtruppen wie Minenleger
(Lağımcılar), Grenadiere bzw. Bombardiere (Kumbaraci), Pioniere,
Zeltaufsteller, Logistiktruppen, Sanitätstruppen
und so weiter. Diese
Truppen wurden
bei den Pfortentruppen ausgebildet und aufgestellt.
Ferner
kann man die Hofbeamten, Tschauschen (çavuş)
und Müteferrika, zu den Pfortentruppen zählen, sofern sie
militärische Aufgaben wahrgenommen haben. Dazu gehörten Aufgaben im
Bereich der Nachrichtenübermittlung (Botendienste), der
Militärpolizei, der militärischen Verwaltung (u.a.
Soldzahlungen), der Militärjustiz
und Adjutantendienste. Als
Militärbeamte
waren sie besoldet und disziplinarisch den
Pfortentruppen
unterstellt.
Die
osmansischen Seestreitkräfte
Auch
wenn der Schwerpunkt der osmanischen
Kriegführung auf dem festen Land war, verfügte das osmanische
Militär über recht erfolgreiche Seestreitkräfte. Die
Ausdehnung der osmanishen Macht auf dem Land wurde durch das Meer
begrenzt. Dabei allerdings traf man auf Küstenbewohner, die sich
schon seit der Antike mit Seefahrt auskannten. Die türkischen Beylik
nutzten diese Erfahrungen, um kleine Flotillen zu errichten,
die vorwiegend der Seeräuberei dienten.
Unsprüngliche
Aufgabe der Marine war der Truppentransport auf dem Seeweg, da
sich dies aufgrund der geographischen Lage
als notwendig erwies. Ein
erstes zentrales
Flottenarsenal
gab es 1390 in
Gelibolu, wobei
allerdings anfänglich italienische und griechische Schiffseigner
hauptsächlich für die Truppenverlegung auf dem Seeweg zuständig
waren. Die hinzugekommenen
Inseln und Küstengebiete wurden in das Timarsystem überführt, also
zu Militärpfründen, wobei der Sadschakbey von Gelibolu gleichzeitig
Marineoberbefehlshaber wurde.
Bei
der Eroberung Konstantinopels (1453) schuf
die Flotte, beim Übersetzen über Land, vom Bosporus ins Goldene Horn, eine
neue Front im Belagerungsring.
Gleich nach der Einnahme der Stadt wurden die byzantinischen Arsenale
erneuert und nach der Eingliederung des genuesischen Stadtteiles
Galata ein neues Arsenal am Goldenen Horn gebaut. Unter Mehmet II.
gelangen auch mehrere erfolgreiche Seekriegszüge, so die Eroberung
der Insel Euböa (1470), die Eroberungen der Inseln Imbros, Thasos,
Samothrake, Lemnos und Lesbos. Unter Selim I. (1470 – 1520) wurde
der Ausbau der Flotte weiter vorangetrieben.
Ende
des 15. Jahrhunderts
wurde das Schwarze Meer (Kara
Deniz)
endgültig
Herrschaftsgebiet
des
osmanischen Reiches.
Bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts
folgte das östliche Mittelmeer (Ak
Deniz).
Der
schwerreiche Korsar Khair ad-Din (1478
- 1546)
hatte Algerien erobert und stellte sich unter die Herrschaft der
Osmanen. Er wurde vom Sultan zum Pascha ernannt und
aufgrund seiner erfolgreichen Seeräubereien zum Kaptan-ı
Derya,
Marinebefehlshaber.
Er
wurde nun Hayreddin Pascha genannt und wegen seines roten Bartes
im Westen Barbarossa. Ihm
gelang es im Jahre 1538,
in der Seeschlacht von Preveza, eine Flotte der "Heiligen
Allianz", bestehend aus der Übermacht von über 300 Schiffen, unter dem Befehl des Genuesen Andrea Doria,
mit seiner Flotte aus etwa 120 Galeeren und Galeoten zu besiegen. Dieser
Sieg über die christliche Übermacht wird gern auf die Uneinigkeit
unter den christlichen Teilnehmern und die Zögerlichkeit des
Oberbefehlshabers der Flotte der "Heiligen Allianz"
zurückgeführt.
Durch ein Bündnis zwischen Süleyman I. und König Franz I. von Frankreich, überwinterte 1543 die osmanische Flotte in Toulon, nachdem sie erfolglos Nizza belagerte. Nach Raubzügen an der spanischen und italienischen Küste kehrte die Flotte 1544 nach Konstantinopel zurück.
Es gab noch einige sehr fähige osmanische Marinebefehlshaber, die zu Berühmtheit gelangten, beispielsweise der berühmte Kartograph Piri Reis (1470 – 1554/55), Turgut Reis (- 1565) oder Piyale Paşa (1515 – 1578).
Durch ein Bündnis zwischen Süleyman I. und König Franz I. von Frankreich, überwinterte 1543 die osmanische Flotte in Toulon, nachdem sie erfolglos Nizza belagerte. Nach Raubzügen an der spanischen und italienischen Küste kehrte die Flotte 1544 nach Konstantinopel zurück.
Es gab noch einige sehr fähige osmanische Marinebefehlshaber, die zu Berühmtheit gelangten, beispielsweise der berühmte Kartograph Piri Reis (1470 – 1554/55), Turgut Reis (- 1565) oder Piyale Paşa (1515 – 1578).
Ohannes Umed Behzad, Seeschlacht von Preveza 1538 (Marinemuseum Istanbul)
Mit
der Eroberung von Buda
(1541)
wurde
die Donau zum wichtigsten Transportweg bei der Versorgung der
osmanischen Armee auf dem Balkan. Dabei hatten die Sandschaks an der Donau den wichtigsten Anteil an der Donauflotte. Sie waren
Zuständig für den Ausbau, die Versorgung sowie für die Bemannung
der Schiffe. Oberbefehlshaber der Flotte war der Tuna
kaudani,
der über die Fahrzeuge der Donau, Save, Drine, Drav und Morava
verfügte. Während der
Feldzüge von
Sultan Süleyman I. bestand
die Donauflotte
aus
etwa
250 Transportschiffen
und Fähren und ungefähr
50 Kampfschiffen.
Zusätzlich wurden zur Lebensmittelversorgung der Armee noch private
Schiffe angeworben, die vor allem Korn, Gerste, Heu, Holz und Schafe
transportierten.
Die
Rang-
und Feldzeichen
Der
Rossschweif (Tuğ) wurde von den Osmanen rund 400 Jahre als
Würdeabzeichen verwendet und war auch bei den Mongolen, Tataren und
übrigen türkischen Völkern gebräuchlich. Am Anfang stellte der
Rossschweif wohl ein Kennzeichen für den Standort eines
Reiterführers dar. Der genaue Rang und die Stellung eines
Würdenträgers innerhalb des osmanischen Reiches, war am ehesten an
der Anzahl der Rossschweife ablesbar, die dieser führen durfte. Sie
wurden zusammen mit den anderen Attributen des jeweiligen Ranges nach
einem genauen Reglement verliehen. Die
Entwicklung des Tuğ
ist im folgenden an einer der vielen, seit dem 16. Jahrhundert
weitgehend gleichlautenden Überlieferungen dargestellt:
[Seine
Entstehung] führen die Türcken
daher / daß / als in den ersten Kriegen mit denen Christen ein Troup
Türcken die Fahne verlohren gehabt / so habe der commandirende
Officirer seinem Pferde dem Schweiff abgeschnitten / ihm an eine
Pique gebunden / und damit seine untergebene Soldaten wieder zum
Treffen aufgemuntert und angeführet...(de
Ferriol 1719)
Auch
wenn sich die Zahlenangaben, je nach Quelle, geringfügig
unterscheiden, ist die Rangfolge durchaus ersichtlich:
- Der Sultan führte sechs, im Kriegsfall bis zu neun Rossschweife
- Der Großwesier führte fünf Rossschweife
- Die Wesire, Paschas und der Yeniçeri Ağası führten zwei und bei besonderen Verdiensten drei Rossschweife
- Die Statthalter (beylerbeyi) von Anatolien und Rumelien sowie die Wojwoden von Moldau und der Walachei führten zwei Rossschweife
- Die Provinzgouverneure (sancakbeyi) führten einen Rossschweif
In
der Grundform bestanden die Rossschweife aus einem gedrechselten und
im unteren Teil ausgehölten Holzschaft, mit einer goldenen Kugel an
der Spitze, der mit einem gemusterten Geflecht aus unterschiedlich
gefärbten Pferdehaaren überzogen und mit Rosshaarbüscheln behängt
war. Im Marsch wurden sie dem jeweiligen Würdenträger in der
Formation vorangetragen, während sie im Lager vor dem
entesprechenden Zelt aufgestellt wurden.
Rossschweife (Zamek Królewski na Wawelu)
Marsigli, Zelte (Man beachte die fünf Rossschweife)
Das
osmanische Heer verfügte auch über eine Vielzahl von Flaggen
(Sancak), mit unterschiedlicher Bedeutung. Die Flaggen waren
außerordentliche Leistungen des Kunsthandwerkes. Sie waren
beeinflusst von persischen und arabischen Gestaltungselementen, aber
auch von europäischen.
Die
Fahne des Propheten (Sancak-i Şerif ), war der kostbarste und
wohlbehütetatse Schatz des osmanischen Feldheeres. Im Kampf wurde
sie jedoch niemals an die Front mitgenommen, sondern durch eine
Nachbildung ersetzt. Sie fiel niemals in Feindeshand.
Der
Sultan führte im Feld mehrere Flaggen, die seine Autorität,
die Herkunft und Titel anzeigten. So das Banner des Padischah
(Alem-i padisahi), das Banner der Osmanen (alem-i Osmani ) oder die
Fahne des Sultans (liwãj-i Sultani ). In Anlehnung an die
Sultansflagge und als Zeichen der Zugehörigkeit zum Sultan, führten
auch die höheren Würdenträger Flaggen. Dabei nutzte der
Großwesier grün in seiner Flagge, die Wesiere purpur und die
Beylerbeyi rot.
Wie
in anderen Armeen hatte auch im türkischen Heer jede Truppeneinheit
ihre Fahne. Dabei führten die größeren und bedeutenden Einheiten ein eigenes "Sancak", während kleinere Einheiten
Banner führten, die "Bayrak" genannt wurden. Zuweilen war
an der mit einer Eisenspitze, einer goldenen Kugel oder einem
Halbmond (hilal) bekrönten Fahnenstange unterhalb des Fahnenblattes
ein Beutel mit dem handschriftlichen Koran angebunden. Die Typologie
und die zumeist religiösen Symbole der militärischen Fahnen der
Osmanen sind noch weitgehend ungeklärt; ob auch bestimmte Farben und
Embleme einzelnen Waffengattungen vorbehalten waren, ist bisher
ebenfalls nicht bekannt. Im Jahre 1732 zählte Luigi Ferdinando
Marsigli 162 verschiedene Zeichen, deren Zuordnung bis heute nicht
ganz geklärt ist. Der Name "Sandschak" für einen
Verwaltungsbezirk lehnt sich an die Bezeichnung für Fahne, da zur
Verleihung des Titels "Sadschakbey" auch die Verleihung
einer Fahne gehörte, als Würdeabzeichen und Verpflichtung auf das
Amt.
Die
Befehlsstruktur
Als
Oberster Befehlshaber stand der Sultan allen Truppen vor. Dieser
beauftragte als Feldherren (Serasker) bestimmte Paschas mit der
Durchführung von Feldzügen, sofern er diese nicht selbst anführte.
Später zog der Sultan nicht mehr selbst ins Feld und beauftragte den
Großwesier mit der obersten Heeresleitung. Die
Truppeneinheiten untergliederten sich in sogenannte Ocak (türk
"Herd" - vergleichbar
mit Korps),
Orta (türk
"Mitte" - vergleichbar
mit Regiment)
und Bölük (vergleichbar
mit Kompanie).
Marsigli, Marschordnung
Die
Bewaffnung
Die
Bewaffnung der osmanischen Krieger bestand traditionell aus
Reflexbögen (Yayuk), Streitkeulen und doppelklingigen
Krummschwertern. Zu den bevorzugten Fernwaffen der
Kavallerie zählten auch die kurzen Wurfspieße (cirid). Zusätzlich
gab es leichte Speere von bis zu 3 m Länge, sowie große über 4 m
lange Lanzen, die verschiedenartige Wimpel zierten. Gelegentlich
waren die Sipahis auch mit Panzerstechern (meç) bewaffnet, die dazu
dienten, die Rüstung des Gegners aufzubrechen.
Marsigli, Waffen
Waffen und Rüstung von Sultan Mehmed II.
Die
charakteristische Waffe der Janitscharen war der Yatağan, eine Hieb-
und Stichwaffe von 60 cm Länge. Sie besaß eine eigentümliche,
einschneidige Klinge mit zweifacher Krümmung. Sie war so
geschliffen, dass sie sich zur Spitze hin verbreiterte, wodurch der
Hieb eine größere Wucht hatte. Die Janitscharen
sollen es verstanden haben, den Gegnern mit einem Schlag den Kopf
abzutrennen, weshalb die Yatağane bei den Europäern als
„Kopfabschneider“ gefürchtet waren.
Yatağan (oben) und Kiliç (Topkapı Sarayı Müzesi)
Im
Gegensatz zu westeuropäischen Armeen kamen Gewehre und Musketen im
osmanischen Militär recht spät zum Einsatz, trotz des frühen
Einsatzes von Artillerie. Während man in Westeuropa bereits im
ersten Drittel des 15. jahrhuderts solche Waffen einsetzte, begann
man damit im osmanischen Militär erst etwa 60 Jahre später im 16.
Jahrhundert. Unter dem Eindruck der Westfeldzüge, rüstete Süleyman
der Prächtige ab etwa 1526 zunächst die Janitscharen mit Musketen
aus.
Janitschar mit Muskete
Costumes anciens et modernes / Cesare Vecellio (ca. 1521-1601)
Die
Feldzugsorganisation und Schlachtordnung
Ein
Feldzug
wurde ein halbes jahr im Voraus angekündigt und es wurde zur
Befehlsausgabe sowie Organisation geladen, was Joseph von
Hammer-Purgstall so beschreibt:
Wenn
der Sultan selbst ins Feld zieht, werden sechs Monathe zuvor
zwey
Roßschweife an dem innersten Thore des Serais (dem Thore der
Glückseligkeit)
aufgesteckt. Zu dieser Feyerlichkeit werden die Großen des Hofes
und
des Staats, und die Herren des kaiserlichen Steigbügels vom
Großwesir
eingeladen,
sich vor Sonnenaufgang im kaiserlichen Serai einzufinden. Es
erscheinen
demnach die Wesire, der Mufti ...[hier
werden nun eine ganz enorme Menge extrem wichtiger Personen
aufgezählt]... harren auf dem Soffa
auf der innern Seite des Thores der Küche. Hierauf begiebt sich der
Großwesir mit seinem feierlichen Zuge ... von der
Pforte, seinem Pallaste, in das Serai des Sultans, wo an dem
innersten Thore des
Serais Diwan gehalten wird ... Nachdem Jedermann seinen Platz
eingenommen, bethen die Gebethausrufer des Serais die Sura des
Sieges, nach deren Beendigung die kaiserlichen Roßschweife aus dem
kaiserlichen Audienzsaale herabgetragen, von der ganzen Versammlung
nach altem Gebrauche mit Ehrfurcht übernommen, und an ihrem Orte
aufgesteckt werden. Während dieser Ceremonie bethet der Mufti ...
Bey Aufsteckung der kaiserlichen Roßschweife werden Opferthiere
geschlachtet, wie am Feste des Bairams nach altem
in den Registern aufgezeichneten Gebrauche. Nach dieser
gottesdienstlichen Ceremonie verfügen sich alle Großen des Hofes
und des Reichs nach Hause.
(von
Hammer-Purgstall:
Des osmanischen Reichs Staatsverfassung und
Staatsverwaltung; Wien 1815)
Ein
Feldzug dauerte in der Regel ebenfalls ein halbes Jahr, vom Hizirtag
(Anfang Mai) bis zum
Kasimstag (Anfang November). Der
Grund dafür war die schwierige Versorgungslage eines Riesenheeres in
Winterfeldzügen. Während
des Marsches der Truppen war deren Versorgung sichergestellt durch
Heeresstrassen, die gegebenenfalls im Vorfeld mit notwendigen Gütern
an Marschpunkten, in genau festgelegten Abständen, beliefert wurden.
Der Zug nach Westen war dabei einfacher zu bewerkstelligen, als der
Zug gen Osten. Dies lag schlicht daran, dass die Entfernungen in
Richtung Westen nicht so groß waren und die Marschwege besser
erschlossen waren durch Ortschaften und
Festungen.
Ein
riesiger, exotisch wirkender Tross begleitete das osmanische Heer:
Lastkamele trugen Proviant, Gepäck und Zelte, Ochsen zogen Kanonen
und Lastkarren mit der Ausrüstung der Soldaten. Nicht selten wurde
die Versorgung auch auf dem Wasserwege durch die Flotte
sichergestellt. Daher entwickelten sich die Feldzüge häufig
parallel zu den Flussläufen. Die Versorgungstruppen unterstützten
die Streitkräfte mit Nahrungsmitteln, Zelten, Waffen, Rüstzeug
sowie der Zubereitung der Nahrung, Lager-, Reparatur- und
Instandhaltungsarbeiten. Die riesigen Lebensmittelvorräte wurden zu
Lande oder zu Wasser mitgeführt und auf der Durchreise von der
ortsansässigen Bevölkerung angekauft oder konfisziert.
Während
die Strategie der Osmanen eher offensiven Grundsätzen folgte,
verfolgte man in der Schlacht eher eine defensive Taktik. Im Vorfeld
des Heeres schwärmte die leichte Kavallerie aus, also die Ankinci
und Tataren. Sie hatten in der Regel drei Tage Vorsprung, um Beute zu
machen und zur Aufklärung. So
hatte man, durch die Aufklärung, genügend Zeit, bei Feindkontakt
die sogenannte „Sultansschanze“ zu errichten. Der
aus
Serbien
stammende
ehemalige Janitschar Konstantin aus Ostrovitza schreibt
zur osmanischen Schlachtordnung folgendes:
Die
Schlachtordnung der Türken – hauptsächlich bei einem
entscheidenden
Kampf
– sieht folgendermaßen aus: Es gibt vier Sultansbanner, die zum
Hof
gehören.
Das erste ist weiß und mit goldenen Lettern beschrieben. Dieses
Banner
steht
über allen anderen, denn es zeigt an, dass die gesamte Streitmacht
des
Sultans
anwesend ist. Mann nennt es ‘alem sancak, das heißt Banner der
gesamten
Macht. Das zweite Banner ist rot, es ist das der höfischen Reiterei.
Das
dritte ist grün und rot, das vierte gelb und rot. Beide sind die
Banner der
höfischen
Janitscharen-Fußsoldaten. Wenn immer diese Banner aufgerollt
werden,
befindet sich der Sultan unter seinen Hofleuten.
Die
Aufstellung des Heeres des Sultanhofes geschieht wie folgt: Die
höfische
Reiterei
hat ihren Platz neben dem Sultan, vor ihm stehen die Janitscharen,
hinter
ihm die Kamele. Um sie herum werden von allen Seiten Gräben und
Wälle
aufgeschüttet.
Unterhalb der Gräben werden Schilde in die Erde gerammt, auch
scharfe
Säbel liegen bereit und andere kostbar ausgeführte Waffen. Um die
Gräben
herum wird allenthalben ein Wall aufgeworfen, in den dicht
nebeneinander
Spieße hineingeschlagen werden. Dann werden Stückbette für die
Geschütze
aufgestellt, damit man aus den Kanonen schießen kann. Oberhalb der
Schilde
stehen Lanzen und andere notwendige Verteidigungswaffen dicht
nebeneinander.
Mit den Bögen wird sehr häufig geschossen[...]
Neben
der Sultansschanze sind rechter Hand andere Fußsoldaten, genannt
‘azab,
das
heißt Fußvolk, aufgestellt worden, diese haben sich ebenfalls mit
Wall und
Graben
umgeben und Spieße aufgepflanzt, wie zuvor schon beschrieben, nur
dass
sie
keine solchen Vorrichtungen haben wie die ersteren. Es sind ihrer
20.000...
Auch
hinter ihnen befinden sich Kamele und Pferde, die das notwendig
Kriegsgerät
tragen. Diese ‘azab sind von jenseits des Meeres aus Anatolien. Es
gibt
auch einen anatolischen Großstatthalter, der Anadolu beğlerbegi,
das
bedeutet
anatolischer Herr der Herren, genannt wird. Bei ihm sind alle
anatolischen
Reiter versammelt. Ihm sind 20 Woiwoden [Sadschakbeys/AdA]
untergeben, von denen jeder seine Fahne vom Sultan erhalten hat.
Neben diesen
gibt
es noch 50 subaşı sie stehen jeweils bei dem Woiwoden, dem sie
zugeordnet sind.
Diese
Reiter sind 60.000 an der Zahl.
Auch
auf der anderen Seite des Meeres gibt es einen Herrn der Herren, auch
er
hat
seine Fahne und seine Abteilung. Sie nennen ihn Rumeli beğlerbegi .
Er
ist der höchste nach dem Sultan. Neben ihm stehen 18 Woiwoden, jeder
mit
seiner Abteilung und mit seiner Fahne. Sie nehmen in der nämlichen
Ordnung
Aufstellung wie oben beschrieben. Neben ihnen wiederum befinden
sich
die 50 subaşı, und diese stehen jeweils bei dem Woiwoden, zu dessen
Woiwodschaft
sie gehören. Ihre Reiter sind etwa 70.000 an der Zahl [...]
Zur
Linken des Sultans stehen wieder andere Fußvolk-‘azab, 20.000
Mann. Sie
stammen
aus dem Gebiet diesseits des Meeres, das heißt aus Rumelien. Sie
haben
sich auf dieselbe Weise mit Wall und Graben umgeben und Spieße
aufgepflanzt
wie die af der rechten Seite. Wenn der Sultan einigen Reitern den
Befehl
erteilt, nunmehr in die Schlacht einzutreten, reiten sie ohne Zaudern
hinein
und
kämpfen bei großem Geschrei und Trommelwirbel. Die Trommler des
Sultans
trommeln
so heftig dass ein gewaltiger Lärm und ein Dröhnen entstehen, als
bebe
die ganze Erde. Dann sendet der Sultan Männer aus seiner
Hofmannschaft
auf
geharnischten Pferden zu ihnen, damit sie nachsehen, wer eine tapfere
Tat
vollbringt
und wie sich jeder im Kampfe verhält. Jeder von ihnen hält einen
Streitkolben
oder einen Stab in der Hand, womit er zum Kampfe antreibt. Man
nennt
sie çavuşlar. Wo auch immer sie sich
aufhalten mögen,
es ist stets so, als
sei der Sultan selbst zugegen, denn alle fürchten sie so sehr: Dem, den sie loben,
wird es gut ergehen, der aber, den sie vor dem Sultan rügen, wird Unglück haben. [...]
sei der Sultan selbst zugegen, denn alle fürchten sie so sehr: Dem, den sie loben,
wird es gut ergehen, der aber, den sie vor dem Sultan rügen, wird Unglück haben. [...]
So
also sieht die türkische Schlachtordnung bei entscheidenden
Schlachten aus.
Der
Sultan begibt sich nie an eine andere Stelle, sondern verharrt bei
den
Jantischaren,
bis die Schlacht geschlagen ist.“
(Memoiren
eines Janitscharen)
Die
abendländische Taktik verließ sich lange auf den
schlachtentscheidenden Einfluss der schweren Reiterei. Diese jedoch
wurde in der Schlacht durch Angriffe von der Flanke ermüdet, bis sie
frontal auf die Sultansschanze auflief, wo sie von der Artillerie
beschossen und frontal durch schwere Reiterei und Infanterie
(Janitscharen) attakiert und zerstreut wurde, um schließlich in die
Flucht gejagt oder aufgerieben zu werden.
Auch
in der offenen Feldschlacht war der Angriff der osmanischen
Streitmacht gefürchtet. Die Aufstellung bestand in der Regel aus
drei Treffen:
Das
erste Treffen bildeten die in langer Front positionierten Sipahis.
Die Linien der Kavallerie wurden beiderseits durch die Feldartillerie
verstärkt. Diese eröffnete die Schlacht mit Kanonenangriffen.
Gleichzeitig stürmte die leicht gepanzerte Reiterei vor. Die
berittenen Bogenschützen schossen ihre Pfeile ab, während dieses
Pfeilregens (tir-ı baran) näherten sie sich dem Feind, um sich dann
schnell wieder zurückzuziehen und im Wegreiten dem nachsetzenden
Gegner rückwärts gewandt mit Pfeilen zu beschießen. Schließlich
wichen sie nach rechts und links aus, um den Feind an den Flanken zu
umfassen und erneut anzugreifen. Dabei wurde auf die Pferde gezielt,
weil die schweren Rüstungen der Gegner von den Pfeilen nicht
durchdrungen wurden. Waren die gerüsteten Reiter gestürzt, konnte
man sie leicht überwältigen.
Im zweiten Treffen griffen in der Mitte der Schlachtordnung die Janitscharen an, die meist den Kampf entschieden. Sie attackierten ihre Gegner zunächst mit Pfeil und Bogen oder mit Gewehren. Dann stürzten sie sich auf wilde Art mit Yatağan und Säbel in den Nahkampf. Gelang der erste Vorstoß nicht, erfolgten weitere Angriffe, die nach alten Berichten besonders angsteinflößend waren. Im dritten Treffen kämpfte dann die Reserve aus Söldnern und Leibgarden.
Im zweiten Treffen griffen in der Mitte der Schlachtordnung die Janitscharen an, die meist den Kampf entschieden. Sie attackierten ihre Gegner zunächst mit Pfeil und Bogen oder mit Gewehren. Dann stürzten sie sich auf wilde Art mit Yatağan und Säbel in den Nahkampf. Gelang der erste Vorstoß nicht, erfolgten weitere Angriffe, die nach alten Berichten besonders angsteinflößend waren. Im dritten Treffen kämpfte dann die Reserve aus Söldnern und Leibgarden.
Auch die
Belagerungen,
sozusagen das „Kerngeschäft“ des osmanischen Militärs, wurden ebenso systematisch durchgeführt. Dabei trieben
unter anderem die Minenleger
ausgedehnte unterirdische Stollengänge mit Kammern (sog.
Minen) unter die Mauern der Festungen. In diesen ließen sie dann
Sprengstoff explodieren, um die Anlagen zum Einbruch zu bringen.
Außerdem rückte man mit allerlei Belagerungsgerät und Kanonen
gegen die gegnerischen Befestigungsanlagen vor.
Topçu bei der erfolgreichen osmanischen Belagerung von Becse im Jahre 1551
Die
Osmanen hatten den westlichen Truppen nicht nur eine bessere
Aufklärung und geschicktere Schlachtführung voraus, sondern konnten
auch wesentlich größere Heere mobilisieren. Unter Selim
I. (1470 – 1520) erreichte die osmanische Armee eine Stärke von
150.000 Mann. Im Vergleich dazu erreichten die kaiserlichen oder
französischen Truppen bei der Schlacht von Pavia 1525 eine Stärke
von 20.000 bis 30.000 Mann.
Fazit
und Ausblick
Der
osmanische Staat konnte, mit seiner zentralistischen Organisation, in
relativ kurzer Zeit ein Heer aufmarschieren lassen, welches in der Größe die
europäischen Heere bei weitem übertraf. Ein weiterer Vorteil war,
geprägt auch von der östlichen Kriegführung, dass durch die
zentrale Organisation eine Ausprägung von Ordnung und Disziplin
erreicht wurde – von der Mobilmachung, über Marsch, Feldlager und
Logistik, bis zur Schlachtordnung – die das gesamte Militär wie
ein Uhrwerk funktionieren ließ. Es wirkte sich auch positiv aus, dass das Osmanische Reich
Vorteilhaftes anderer Völker und Kulturen übernahm.
Lange
Zeit konnte der Westen dem osmanischen Militär nichts
entgegensetzen. Es blieb aber nicht aus, dass auch die europäischen
Gegner sich anpassten in der Begegnung mit „den Türken“. So
hatten die „Türkenkriege“ auch entscheidenden Einfluss auf die
Entwicklung der westeuropäischen Armeen, der sich sowohl in der
Aufstellung bestimmter Einheiten als auch in strategischen und
taktischen Fragen niederschlug.
Im
weiteren Verlauf gelang es dem osmanischen Militär nicht mehr, mit
den waffentechnischen und militärischen Entwicklungen
schrittzuhalten. Ursachen hierfür waren unter anderem das Verharren
in einem, als Höhepunkt der Entwicklung verstandenen, Zustand und
der damit verbundene fehlende Reformwille. Auch die Schwäche
bestimmter Sultane, die sich im stark auf das Sultanat ausgerichteten
Staat nicht gegen „konservative“ Kräfte, gerade auch im Militär,
durchzusetzen vermochten, taten ihr Übriges.
Auf
jeden Fall aber haben die Osmanen viele Spuren, auch in der
europäischen Geschichte, hinterlassen, deren Auswirkungen bis in die
heutige Zeit hineinwirken. Eine weitere Beschäftigung mit diesem
äußerst interessanten Themenfeld lohnt sich in jedem Falle.
Literatur
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der Königliche Französische Ambassadeur, Monsr. de FERRIOL, Zeit
seiner Gesandtschaft in Constantinopel im Jahr 1707. und 1708. Durch
einen geschickten Mahler nach den Leben hat verfertigen lassen / In
fünff und sechzig Kupffer=Blatten gebracht worden. Nebst einer aus
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Hammer-Purgstall,
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von:
Des osmanischen Reichs
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Z.: Ottoman
Art in the Service of Empire,
New York 1991.
Ein kleines Gedicht zum Osmanischen Reich:
AntwortenLöschenOSMANENSTURM
Es eilten die türkischen Osmanen
Immer wieder stolz zu den Fahnen.
Gen Europa galt es mutig zu zieh'n,
Zweimal standen die Türken vor Wien.
Man war zum Balkan gekommen,
Hat Konstantinopel genommen.
Bei Mohacs und auf dem Amselfeld
Wurden Europas Weichen gestellt.
Ehemalige Reiternomaden
Eroberten die Nachbarstaaten.
Es wurde Istanbuls Hohe Pforte
Rasch zum weltpolitischen Orte.
Man saß in Damaskus und Kairo,
Jerusalem und Bagdad ebenso.
Die Sultane im Zenit ihrer Macht
Entfalteten die herrlichste Pracht.
Man führte noch mehrere Kriege,
Erlebte Niederlagen und Siege;
Endete zum bitteren Schluss
Als kranker Mann am Bosporus.
Rainer Kirmse ,Altenburg
Mit freundlichen Grüßen